Qualitätsmanagement (QM) ist nach wir vor ein präsentes Thema in der Medizin, das nichts von seiner Relevanz verloren hat. Nach § 135a des 5. Sozialgesetzbuchs (SGB V) über die Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) besteht eine Verpflichtung der Leistungserbringung zur Qualitätssicherung. So sind unter anderem Vertragsärzte dazu verpflichtet, einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement einzuführen und weiterzuentwickeln. Bei privatzahnärztlich arbeitenden Praxen besteht eine derartige Vorschrift nicht, mit Ausnahme in den Bereichen Hygiene und Röntgendiagnostik. Dennoch lohnt sich aber auch für diese die Etablierung eines QM-Systems, sowohl für die Patienten als auch für den Behandler und sein Team, davon ist Dr. Tomas Lang, niedergelassener Zahnarzt in der auf Endodontie limitierten Praxis „Sirius Endo“ in Essen fest überzeugt.
QM – alles andere als ein Selbstzweck
„Viele Kollegen erachten Qualitätsmanagement als eine äußere Einmischung in praxisinterne Angelegenheiten, als Bürokratiemonster, das von der eigentlichen Behandlung ablenkt. Ich sehe das etwas anders. Für mich ist QM sinnvoll, aber nur dann, wenn es richtig gelebt wird“, erklärt Dr. Tomas Lang. Qualitätsmanagement sei eine gute Möglichkeit, die Prozesse innerhalb der Praxis nachhaltig transparenter für jeden Mitarbeiter zu machen und die Qualität der gesamten Patientenversorgung sicher zu stellen und zu verbessern. Dies gelinge nicht in erster Linie mit einem QM-Handbuch in der Schublade, das im Falle einer Prüfung vorgezeigt werden könne, sondern nur, wenn man QM zum integralen Bestandteil für die Weiterentwicklung der Praxis macht.
QM – Wissenstransfer für neue Mitarbeiter
In der Regel sind die Behandlungsabläufe und -protokolle einer Praxis mit viel Mühe erarbeitet worden. Ein gutes Qualitätsmanagement ist aus Sicht von Dr. Lang schon deshalb unerlässlich, um diesen Status quo ohne Verlust an neue Mitarbeiter weitergeben zu können. „Wenn der Wissenstransfer nur mündlich erfolgt, verändern sich die Prozesse mit jedem Mitarbeiterwechsel und das meistens zum Schlechteren. Die Praxis profitiert davon, wenn alle Abläufe in der Praxis detailliert festgehalten sind und neue Mitarbeiter sich in die Abläufe einlesen können, wie zum Beispiel der richtigen Vorbereitung eines Behandlungszimmers. Das ist zunächst ein Aufwand, der letztlich aber noch mehr Arbeit und Zeitaufwand einspart“, ist der Spezialist überzeugt.
Fehler-Reporting – sicher arbeiten wie in der Luftfahrt
Ein wesentlicher Bestandteil von QM sollte ein gutes Fehler-Reporting sein. Hierbei sind geschlossene Kreise, die sich selbst kontrollieren, hilfreich. So kann beispielsweise für das Reporting in der bestehenden Software ein imaginärer Patient angelegt werden, bei dem mit Datumsstempel alle Fehler oder beinahe begangenen Fehler festgehalten werden können. Diese sogenannte Hitliste wird dann in Assistenzbesprechungen durchgegangen und es werden Maßnahmen zur künftigen Fehlervermeidung besprochen. Wichtig sind hierbei möglichst niedrige Hierarchien, jeder Mitarbeiter muss im Beisein des Patienten in der Lage sein, Fehler melden zu können, der Azubi ebenso wie die neu eingestellte Mitarbeiterin und der behandelnde Arzt. Dr. Lang: „Fehler entstehen meistens dann, wenn ein Schritt im definierten Protokoll übergangen wird oder hierarchisch höher Gestellte eine Entscheidung wider besseres Wissen von Untergegebenen treffen. So kam es nachweislich zur Katastrophe von Tschernobyl und auch das Challenger-Unglück bei der NASA geht auf ein Hierarchieproblem zurück, bei dem Vorgesetzte eine Flugfreigabe gegeben haben, von der rangniedere Ingenieure abgeraten hatten. Beim Fehler-Reporting geht es um die Sache, nicht um die Hierarchie. Auch dem erfahrensten Mediziner können Fehler unterlaufen. Man sollte lernen, diese möglichst rational zu benennen und daraus zu lernen.“
Das eigene QM-System entwickeln
Es ist aber illusorisch zu glauben, dass man jede Praxis in ein vorgefertigtes QM-Konzept zwingen kann. Ein gutes QM erwächst aus der Anstrengung des Teams und den Antworten auf die Fragestellungen: Wie wollen wir uns organisieren, uns überprüfen und wie verbessern? Gesetzliche Vorgaben, wie etwa im Hinblick auf die Hygiene, müssen eingehalten werden. Spielraum besteht hier nur nach oben, die Mindestanforderungen sind definiert. „Jeder Zahnarzt muss für sich festlegen, auf welchem Niveau er arbeiten, wie er Behandlungen durchführen möchte. Das QM zeichnet dann den Rahmen für die Behandlung, der als Konstante den Therapiestandard in der Praxis aufrecht hält und im besten Fall einen Kreislauf in Gang setzt.“
Bei „Sirius Endo“ ist ein wichtiger Qualitätsbaustein das Vorliegen aller erforderlichen Instrumente zum Start jeder Behandlung. Dafür wird ein geschlossenes Tray-System genutzt, wobei jeweils ein kompletter Instrumentensatz für jeden Patienten autoklaviert wird. Das ist nicht das kostengünstigste Verfahren, weil mehr Instrumente sterilisiert werden müssen, als meistens gebraucht werden, aber es spart Arbeitszeit bei der ZFA und ist zukunftssicher, da in der Zukunft die gesetzlichen Vorgaben für die Praxishygiene sicher steigen werden. „Wenn Dinge fehlen, wird die Behandlung ineffektiv und auch schnell unhygienisch, das kann man durch eine gute Organisation im QM zu 100 Prozent vermeiden“ schildert Dr. Lang.
1. Bei der endodontischen Behandlung besteht ein großer Bedarf an Instrumenten, die zum Zeitpunkt der Behandlung einsatzbereit sein sollten. Gut beraten ist derjenige, der die Instrumente mehrfach vorhält, damit er eine Redundanz hat, um auch bei Ausfällen auf dem definierten Behandlungsniveau fortfahren zu können.
2. Ein hoher Hygienestandard ist wichtig. Mit dem beschriebenen geschlossenen Tray-System ordnet alle Instrumente und führt zu einem hohen Hygienestandard und senkt die Personalkosten. Pro Behandlung ist dann zwar ein Autoklav-Durchgang erforderlich. Aber geschlossene Gitter-Boxen müssen im Thermo-Desinfektor nicht angefasst werde und es kann im Zimmer nichts fehlen.
3. Keine Wurzelkanalbehandlung ohne Kofferdam, ohne dichten Aufbau, oder ohne vorherige radiologische Kontrolle. Keine Behandlung ohne regelmäßige Kontrollen der Arbeitslänge, im Zweifel ein anderes Längenkontrollsystem wählen als das Hauptlängenkontrollsystem. Nach Abschluss der Behandlung sollten nach 6, 12, 24 Monaten sowie fünf und zehn Jahren Nachkontrollen mit Hilfe von Röntgenbildern erfolgen. Nur so kann die eigene Prognose immer wieder ermittelt und deutlich werden, warum Prozesse nicht funktionieren. Insbesondere bei Umstellungen im Behandlungsprotokoll ist es wichtig, ein Reporting-Tool zu haben.