Am 7. März 2023 war Equal Pay Day, am 8. März Weltfrauentag. Fazit: Der Weg zur gelebten Geschlechtergerechtigkeit ist noch lang. Werfen wir einen kleinen Blick zurück auf einige steinige Etappen auf dem Weg bis heute.
Gleichstellung: Weiterhin Gefälle bei Bezahlung und Beteiligung
Am 30. November 1918 trat in Deutschland das Reichswahlgesetz mit dem allgemeinen aktiven und passiven Wahlrecht für Frauen in Kraft. Seit 1958 gilt in der Bundesrepublik Deutschland das Gesetz über die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Erst jetzt konnten Frauen selbständig über ihr Vermögen verwalten und ohne Erlaubnis des Ehemannes ein Arbeitsverhältnis aufnehmen. Bis 1977 allerdings nur, wenn das „mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar“ war. Haushalt und Kinder waren halt Frauensache – und scheinen es auch in der aktuellen Debatte um Vereinbarkeit von Beruf und Familie bis heute geblieben zu sein. Noch 1970 löste Helene-Charlotte von Bothmer im Deutschen Bundestag einen Skandal aus, weil sie in einem Hosenanzug eine Rede hielt.
Ab 1980 ist gesetzlich geregelt, dass Frauen und Männer das gleiche Gehalt für gleiche Arbeit erhalten. Bis heute ein frommer Wunsch. Vergewaltigung in der Ehe ist erst seit 1997 strafbar. Und auch die heute so vehement geführte Debatte zum Gendern zeigt, dass die Gleichstellung von Frau und Mann noch bei weitem kein Alltag ist.
Gender Pay Gap
Von der gesetzlichen Vorgabe, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, sind wir auch im zahnmedizinischen Bereich noch meilenweit entfernt. Ganz aktull hat beispielsweise der Verband medizinischer Fachberufe e.V. für die Zahntechnik Zahlen veröffentlicht, die im negativen Sinne aufhorchen lassen. Hier liegt der Gender Pay Gap bei unglaublichen 679 Euro bei einem sowieso nicht eben üppigen Lohnniveau. Bei den über 55-Jährigen beträgt der Lohnunterschied beschämende 25,5 Prozent.
Für die niedergelassenen Zahnärztinnen und Zahnärzte gelten andere Voraussetzungen. Hier gelten BEMA und GOZ für alle und setzen dem Gender Pay Gap Grenzen. Es spielen andere Faktoren wie Standort, Spezialisierung und betriebswirtschaftliches Geschick eine entscheidendere Rolle als das Geschlecht. Anders sieht das aber bei den angestellten Zahnärztinnen und Zahnärzten aus. Im Unterschied zu den Humanmedizinern, gibt es keine Tarifverträge, die das Zahnarzt-Gehalt reglementieren. Das Gehalt der angestellten Zahnärztinnen und Zahnärzte besteht häufig aus einem Anteil Festgehalt und einem Anteil Umsatzbeteiligung. Es kommt also eher auf das individuelle Verhandlungsgeschick der Arbeitssuchenden an sowie die Haltung der Arbeitgebenden zu den geforderten Gehaltswünschen.
Haben das Frauen verdient?
Zahlen der ApoBank belegen auch in der Zahnärztschaft einen riesigen Gender Pay Gap. So liegt das durchschnittliche Gehalt einer angestellten Zahnärztin bei rund 61.000 Euro – das ihres Kollegen bei fast 82.000 Euro. Wird aussschließlich Festgehalt bezahlt liegt der Unterschied, so die Zahlen der ApoBank, zwischen den Gehältern von Frau und Mann sogar bei 33 Prozent. Etwas besser sieht es bei den Fachzahnärzten aus. Hier verdienen Frauen im Schnitt gut 87.000 Euro und die männlichen Kollegen fast 97.000 Euro. Durch Verhandlungsgeschick alleine kann dieser Gender Pay Gap jedenfalls nicht erklärt werden. Und das Frauen anteilig mehr von der Familienarbeit übernehmen, ist heute auch kein Naturgesetz mehr. Laut Prognose des IDZ sind im Jahr 2030 42.000 Frauen und 28.000 Männer zahnärztlich tätig. Es wird also Zeit, bei der Gleichstellung einen Zahn zuzulegen.
Frauen in der Standespolitik
Auch in der Standespolitik sieht es nicht viel besser aus. In der vergangenen Legislatur der KZVen und der KZBV waren lediglich sechs Prozent der 48 Vorstandsposten von Frauen besetzt. Vergeblich hatte bis zuletzt die KZBV an ihrem entschlossenen Jein zur Frauenförderung festgehalten. Noch Ende 2022 als die Frauenquote erst drohte, Gesetz zu werden, heißt es in ihrer Stellungnahme zum Krankenhauspflegeentlastungsgesetz: „Die KZBV teilt die politischen Bestrebungen, die Repräsentanz von Frauen im Vorstand der KZVen und der KZBV zu stärken. Die Einführung einer gesetzlichen Regelung zur paritätischen Beteiligung von Frauen zum 1. Januar 2023 hält die KZBV allerdings für verfrüht.“ Aha, sind Frauen eine Neuentdeckung auf dieser Welt? Für manche Herren der Schöpfung wohl schon.
Das Gesetz und damit die Quote für die Vorstandsposten der standespolitischen Spitzengremien der Zahn-/Ärzteschaft ist seit diesem Jahr Realität, die neue Fakten schafft. Seit 2023 sind es zehn statt vorher drei Frauen, die in den Vorständen der KZVen sind. Und die VV der KZBV wählt am Ende dieses Monats – wohl auch eine Frau.
Klar, eine KZV oder die KZBV zu steuern, ist etwas anderes, als sich am Wochenende ein Ruderboot auszuleihen.
Aber um es mit den wunderbaren Worten von Dr. Ute Maier, ehemalige Vorstandsvorsitzende der KZV BW, zu sagen: „Wir haben erst dann Gleichberechtigung und Gleichstellung, wenn genauso viele Frauen schlechte Standespolitik machen dürfen wie Männer.“