Der überarbeite und koalitionsintern wohl noch nicht abgestimmte Referentenentwurf zum „Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in der Kommune“ also dem seit Langem erwarteten „Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz“ – ein Vorhaben namentlich so groß, dass es nicht in eine Zeile passen mag – liegt nun vor.
Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz: Entbudgetierung nirgends
Doch allein zur zahnärztlichen Versorgung weiterhin weitgehend Leerstelle. Nur dieser vielsagende Passus hat sich erhalten: „Die Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen und deren Bundesvereinigungen, die Medizinischen Dienste und der Medizinische Dienst Bund sowie der G-BA sind mittelbare Empfänger von Bundesmitteln aus dem Gesundheitsfonds (vgl. Paragraf 221 SGB V) und werden deshalb ebenso wie die Krankenkassen und deren Verbände und Arbeitsgemeinschaften dem Prüfrecht des Bundesrechnungshofs unterstellt, um eine umfassende Prüfung hinsichtlich der Verwendung von Bundesmitteln zu gewährleisten. Das Ziel ist eine sachgerechte und unabhängige Finanzkontrolle über die genannten Institutionen.“ Wir erinnern uns, jener Bundesrechnungshof, der „die intransparente Datenlage zur kieferorthopädischen Versorgung“ schon 2018 kritisierte und eine umfassende Überprüfung forderte, was den „Spiegel“ „Kieferorthopäden außer Kontrolle“ titeln ließ. Danke.
Ungehörte Standespolitik
Keine Regelung zu iMVZ, von Entbudgetierung der PAR-Behandlungsstrecke keine Rede. Überhaupt ist es sonderbar ruhig um die zahnärztliche Standespolitik. Keine österliche Auferstehung, vielleicht Warten auf den heiligen Geist, dass er es richte? Ans Gute glauben und Gutes tun, ist und bleibt zweierlei. Derzeit wird wohl mehr geglaubt.
Die politisch gewollte und von Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer unter Rot-Grün mit der „Gesundheitsreform 2000“ eingeführte Professionalisierung der KZVen wird heute durch die Gesundheitspolitik konterkariert. Da fließen Gelder – ein Blick in den Bundesanzeiger zeigt, welche Summen es sind – und gleichzeitig wird ihr Einfluss derart heruntergefahren, dass es wundern mag, warum diese Summen fließen. Allein 11.642.519 Euro Gesamtvergütung aller Vorstände der KZVen und der KZBV im Jahr 2022. Politisch gewollt, mittelbar über die Umsätze der Praxen aus GKV-Mitteln finanziert. Wofür, wenn ungehört?
Leere GKV-Töpfe
Ein bisschen Zückerchen will das „Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz“ dann doch enthalten. Die lange herbei gesehnte und geredete Entbudgetierung der Hausärzte entpuppt sich dann wohl auch eher als Scheinriese. „Die vom BMG mit Paragraf 87 SGB V geplante tiefgreifende Veränderung der hausärztlichen Vergütungsstruktur wird zur Chaotisierung der hausärztlichen Versorgung beitragen und hat das Potenzial, die medizinische Versorgung chronisch Kranker massiv zu beinträchtigen“, urteilt das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (ZI), und weiter: „Entgegen der politisch formulierten Absicht“ kämen die geplanten Schritte „faktisch einer Abrissbirne der hausärztlichen Versorgung insgesamt und insbesondere der hausärztlichen Versorgung der betreuungsintensiven chronisch kranken Versicherten gleich.“ Wo kein Geld ist, wird vom BMG eben kreativ umverteilt und mit Worthülsen aufgehübscht.
War es eine clevere Entscheidung, die novellierten PAR-Leistungen vollständig als GKV-Leistung einzuführen?
Alles richtig gemacht?
Wer glaubt da noch an die Entbudgetierung der PAR-Behandlungsstrecke. Die ketzerische Frage stellt sich dann im Rückblick: War es eine clevere Entscheidung, die novellierten PAR-Leistungen vollständig als GKV-Leistung einzuführen? „Es ist ein Meilenstein“ überschrieben dies die damaligen KZBV-Vorstände Dr. Wolfgang Eßer, Martin Hendges und Dr. Karl-Georg Pochhammer: „Wir haben mit der PAR-Richtlinie im G-BA alle unsere Ziele erreicht und die Erwartungen mehr als erfüllen können. “
Seit Seehofers Zeiten als Bundesgesundheitsminister ist die Budgetierung von vertrags(zahn-)ärztlichen Leistungen das täglich Brot von Zahnärztinnen und Zahnärzten, dass diese Mangelverwaltung nun nicht auf einmal zum Füllhorn wird, war auch 2021 absehbar.
So wünschenswert die GKV-Leistung aus Patientensicht auch immer sein mag, an der Realität gemessen wäre vermutlich ein Festzuschusssystem für die PAR-Leistungen sinnvoller gewesen. Nun haben die Patient:innen – wir dürfen noch gendern – zwar einen Anspruch, müssen aber zusehen, welche Zahnarztpraxis diesen noch erfüllen kann. Und in den Praxen fehlt der Umsatz der nun budgetierten und nicht erbrachten PAR-Leistungen in Gänze.
Rein in das System oder raus aus dem System
Auch das Hineinnehmen von Bestandteilen der PZR über die UPT in das GKV-System ist für den Patienten – wir dürfen auch nichtgendern – begrüßenswert. Doch woher sollen die Mittel in Zeiten leerer GKV-Töpfe für neue Leistungen denn kommen?
Nicht erbracht, nutzen die neuen PAR-Leistungen weder den Patienten noch den Praxen. Und Standespolitiker sollen Politik für ihren Stand machen, also für Zahnärztinnen und Zahnärzte. Und da die Praxen knapp die Hälfte ihres Umsatzes aus privat abgerechneten Leistungen erwirtschaften, sind es die Patientinnen und Patienten durchaus gewohnt, für Leistungen in der Zahnarztpraxis selbst zuzuzahlen. Das ist sozial nicht gerecht, aber rahmenpolitisch so gewollt.
Nun soll noch ein weiteres Versorgungsgesetz aus dem BMG folgen. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
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