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Staatlich verordnete Quote – nötig oder zu früh?

Der Kommentar von Chefredakteur Marc Oliver Pick

Die Vorstände von Kassenärztlicher und Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung sollen weiblicher werden, wenn es nach den Wünschen der Ampelkoalition geht. Nachdem bereits vor zwei Jahren mit dem „Gesetz für einen fairen Kassenwettbewerb“ in der gesetzlichen Krankenversicherung eine entsprechende Mindestbe­teiligung von einer Frau und einem Mann für den Vorstand des GKV-Spitzenverbandes sowie für mehrköpfige Krankenkassenvorstände gesetzlich festgelegt worden war, wie die KZBV in einer Pressemitteilung schreibt, sollen jetzt auch die Körperschaften der Ärzte und Zahnärzte nachziehen. Mittel zum Zweck: eine von ganz oben verordnete Quote, die als Änderungsantrag in das Krankenhauspflege-Entlastungs­gesetz hineingeschrieben wurde und die ab 1. Januar 2023 verpflichtend sein soll.

Vorstände für sechs Jahre gewählt

Sowohl bei der KZBV als auch bei der KBV werden Vorstände für sechs Jahre gewählt. Bei den Ärzten zuletzt 2017, Neuwahlen finden Anfang kommenden Jahres statt. Auch bei der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung steht die turnusmäßige Wahl des dreiköpfigen Vorstands in Kürze an. So sinnvoll die neue Regelung im Krankenhauspflege-Entlastungsgesetz auch ist, um eine echte Repräsentanz von Frauen in den Spitzengremien zu erreichen – das Timing ist alles andere als günstig. Zumindest aus Sicht der KZBV. Sie unterstützt zwar die Bestrebungen der Ampelkoalition, hält den Zeitpunkt allerdings für verfrüht und beruft sich auf die „Selbstverpflichtung der KZVen und KZBV und zentrale Aufgabe der Selbstverwaltung, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass dieses Ziel auch zeitnah erreicht werde“.

Dafür führt die KZBV nachvollziehbare Gründe an. So sei es „notwendig, aus der Mitte der Zahnärztinnen eine breite Basis zu schaffen und möglichst viele Zahnärztinnen für ein Engagement in den Gremien zu gewinnen“. Ein weiterer Grund sei die zu kurz bemessene Zeitspanne, die für die Umsetzung zur Verfügung stehe, „da sich das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel nicht innerhalb der bis zur nächsten Legislaturperiode verbleibenden Zeit von weniger als zwei Monaten realisieren lasse“. Immerhin seien in einigen KZVen (für die diese Regelung ebenfalls gelten soll) die „Vorstandsmitglieder für die nächste Legislaturperiode (2023 bis 2028) bereits gewählt“ worden.

Frauen sind unterrepräsentiert

Daher wird eine Verschiebung des Geltungszeitpunkts auf den 1. Januar 2029 gefordert. Das klingt nach einer halben Ewigkeit, resultiert aber aus der sechsjährigen Amtszeit der Vorstandsmitglieder. Andererseits zeigt ein Blick auf das Personaltableau der derzeitigen Vorstände in KZVen und in der KZBV (Stand Oktober 2022), dass Frauen nicht nur unterrepräsentiert in den führenden Körperschaften sind, sondern man schon ganz genau hinschauen muss, um überhaupt weibliche Vorstände auszumachen. Angesichts des schon heute bestehenden Verhältnisses an der zahnärztlichen Basis mit einem deutlich und schnell wachsenden Frauenanteil scheint das Datum 2029 extrem weit entfernt zu sein, vielleicht zu weit? So weist die Übersicht zur zahnärztlichen Versorgung in Deutschland („Daten & Fakten 2022“, herausgegeben von BZÄK und KZBV) unter dem Punkt „Entwicklung der Zahnarztzahlen“ 72.468 Zahnärzte aus, davon 38.570 Männer und 33.898 Frauen. Der Abstand ist nicht mehr groß. Betrachtet man den Anteil von Frauen an den Studierenden der Zahnmedizin, kehren sich die Mehrheitsverhältnisse um – dort sind Männer seit geraumer Zeit in der Minderheit.

Ob man sich angesichts dieser Zahlen noch sechs Jahre Zeit lassen kann und ob in der Zwischenzeit von einer adäquaten Repräsentanz von Zahnärztinnen in den wichtigsten Gremien gesprochen werden kann, sollte bedacht werden. Bis zu einer weiblichen Mehrheit in der aktiven Zahnärzteschaft fehlen noch knapp unter 5.000 Zahnärztinnen. Diese Zahl könnte in weniger als sechs Jahren erreicht sein.