Der hat es in sich – der Änderungsantrag 3 der Fraktionen von SPD, B90/Die Grünen und FDP zum Entwurf des Krankenhauspflegeentlastungsgesetz.
Vorstandsposten: Quote durch die Krankenhauspflegeentlastungsgesetz-Hintertür?
Er fordert die Stärkung der Repräsentanz von Frauen im Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigungen und Bundesvereinigungen. Paragraf 79 des SGB V soll demnach wie folgt ergänzt werden: „besteht der Vorstand aus mehreren Mitgliedern, müssen ihm mindestens eine Frau und mindestens ein Mann angehören“. Nun kommt sie wohl doch – die Quote in den Vorständen auch der KZVen und der KZBV.
Quote aus dem Hut gezaubert
Einmal mehr wird das „Selbst“ in Selbstverwaltung politisch konterkariert. Die Selbstbeharrungskräfte des Status quo in der Standespolitik hat die bundespolitischen Akteure und Akteurinnen zum Handeln bewegt. Nein, keine „six more years“ für die Spitzenverdiener, sondern Katerstimmung.
Aber wie wurde diese Quote nun aus dem Hut gezaubert? Am 19. Oktober 2022 fand die erste Lesung des Krankenhauspflegeentlastungsgesetzes im Deutschen Bundestag statt. Ein vollbesetztes Omnibusgesetz in Spahnscher Manier – von „Pflegepersonalbemessung im Krankenhaus sowie zur Anpassung weiterer Regelungen im Krankenhauswesen und in der Digitalisierung“.
Von Quote ist zu diesem Zeitpunkt keine Rede. Bereits am 27. September hatten etliche Verbände einen parlamentarischer Abend in Berlin organisiert, um sich für die Parität im Gesundheitswesen einzusetzen. Und der Zeitpunkt ist günstig. Frauen nehmen nun Schlüsselpositionen im parlamentarischen Betrieb für Gesundheit ein. Sabine Dittmar (SPD) ist Ärztin und Parlamentarische Staatssekretärin für Gesundheit. Dr. Kirsten Kappert-Gonther (B90/Die Grünen) ist ebenfalls Ärztin und stellvertretende Vorsitzende des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestags. Sie ist auch Teil der „Spitzenfrauen Gesundheit“ – ein gemeinnütziger Verein, der sich für die Gleichberechtigung von Frauen im Gesundheitswesen einsetzt.
So twitterte der Kanal der „Spitzenfrauen Gesundheit“ schon am 4. November zufrieden und stolz: „Großartige Neuigkeiten: Koalition will Geschlechterquote für die Vorstände der @kbv4u @kzbv sowie KVen und KZVen schon ab 2023 umsetzen. Das ist ein richtiger und notwendiger Schritt, da Selbst-Verpflichtungen nicht funktioniert haben. Unsere Initiative trägt Früchte“.
Quasi under cover kommt die Quote – „mindestens ein Mann und eine Frau“ – mitten in die heiße Phase der Wahlen um die neuen Vorstände der KVen, KZVen, KBV und KZBV. Da wird das Engagement der Spitzenfrauen manch einem Spitzenverdiener die Schweißperlen auf die ergrauten Schläfen treiben. Die KZBV reagiert umgehend und erweitert ihre Stellungnahme zum Krankenhauspflegeentlastungsgesetz: „Die KZBV teilt die politischen Bestrebungen, die Repräsentanz von Frauen im Vorstand der KZVen und der KZBV zu stärken. Die Einführung einer gesetzlichen Regelung zur paritätischen Beteiligung von Frauen zum 1. Januar 2023 hält die KZBV allerdings für verfrüht. Bevor eine solche verpflichtende Regelung geschaffen wird, ist es notwendig, aus der Mitte der Zahnärztinnen eine breite Basis zu schaffen und möglichst viele Zahnärztinnen für ein Engagement in den Gremien zu gewinnen.“ Die Regelungen zur Quotierung solle daher auf 2029 verschoben werden, da auch „die Vorstandswahl vorbereitenden Maßnahmen abgeschlossen“ seien.
Wandel verweigert
Dass die KZBV die Zeichen der Zeit nicht erkannt hätte, kann man ihr zumindest in den letzten Jahren nicht vorwerfen, seit 2018 das Problem des mangelnden Frauenanteils in der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen durch eine Kleine Anfrage von B90/Die Grünen in den bundespolitischen Fokus gerückt wurde. Die KZBV hat daraufhin in einer AG ein Konzept zur Frauenförderung in den Gremien erarbeitet. Doch passiert ist darauf gerade auf Länderebene wenig. Die hastig vorab gewählten Vorstände einiger KZVen sind 100 Prozent männlich besetzt. In Baden-Württemberg wurde die einzige und erfolgreiche Vorstandsvorsitzende einer KZV weggeputscht. Männersache. Allein in Westfalen-Lippe ist man bestrebt, den Vorstand im Nachgang um eine Frau zu erweitern.
Staat setzt Rahmenbedingungen
Gewohnt schrill äußert sich der Gatekeeper und Bundesvorsitzende des FVDZ, Harald Schrader: Es habe Ausschreibungen und Bewerbungsfristen gegeben, Anstellungsverträge seien verhandelt und mit den Aufsichtsbehörden abgestimmt worden. „Das soll jetzt alles in die Tonne getreten werden, damit einige sich auf die Schulter klopfen können und behaupten, sie hätten die Chancengleichheit vorangetrieben.“ Und dann offenbart Schrader sein Dilemma: „Verkannt wird dabei, dass es sich bei den Selbstverwaltungsgremien nicht um staatliche Einrichtungen handelt. Die Strukturen und die Arbeit in den Gremien finanzieren wir – die Niedergelassenen – mit unserer Hände Arbeit“. Als hinge die Selbstverwaltung im rechtsfreien Raum und könne agieren, widde widde wie es ihr gefällt.
Die offenkundige Naivität davon auszugehen, man – und hier ist ausdrücklich Mann adressiert – könne in einer realitätsentfernten Selbstverwaltungssoße regel- und frauenfrei rum- und weiterregieren, hat das provoziert, was nun voraussichtlich kommt. Die Bundespolitik reguliert.