Da sah die Selbstverwaltung wohl ihre Felle schwimmen und musste nun Handlungsfähigkeit beweisen. Überraschend einigten sich nun KBV und GKV-Spitzenverband über neue Pauschalen für den Telematikinfrastruktur-Rollout vor dem Ende der Schiedsamtsfrist. Unter Vermittlung des Vorsitzenden des Bundesschiedsamtes für die vertragsärztliche Versorgung, Werner Nikolay, wurde eine Vereinbarung getroffen. Sie sieht vor, dass die Bruttopauschale für das dritte Quartal 2018 auf 1.719 Euro erhöht wird. Bislang sollte ab dem dritten Quartal eine Pauschale von 1.155 Euro gelten. Für das vierte Quartal 2018 wird eine neue Pauschale von 1.547 Euro eingeführt. In einer gemeinsamen Presseerklärung von KBV und GKV-SV erklärte Dr. Thomas Kriedel, Mitglied des Vorstands der KBV „Wir haben die dringend notwendige Sicherheit geschaffen für die Praxen der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten.“ Dr. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-SV hielt an der mantraartig wiederholten Argumentation fest: „Es ist an der Industrie, durch die Bereitstellung geeigneter Produkte dafür zu sorgen, dass alle Arztpraxen, die gesetzlich Versicherte behandeln, die notwendige technische Ausstattung rechtzeitig erhalten können.“ Weiter heißt es, KBV und der GKV-SV gingen davon aus, dass es in den nächsten Monaten, wie von der Industrie schon seit langem zugesagt, mehrere Anbieter von Konnektoren geben werde, was zu einer Senkung der Angebotspreise führe.
Nach dem Motto, was ich gestern behauptet habe, wird morgen wahr, wurden hier Annahmen für die Verhandlungen zugrunde gelegt, an denen gezweifelt werden darf. Da ist die Mär von der Industrie, die irgendetwas zugesagt habe, was sie nun endlich einzulösen hätte. Die Industrie hat weitgehend geliefert und würde sicherlich lieber heute als morgen anfangen, Geld damit zu verdienen. Die Krux: Es gibt bis zum heutigen Tag nur einen zugelassenen Konnektor der CompuGroup Medical. Die drei weiteren Konnektoren stehen in der Gematik-Warteschleife. Trotz wiederholter Ankündigung, weitere Konnektoren könnten schon im Mai auf den Markt kommen, ist Stand Anfang Juni nichts passiert. Fast bewunderungswürdig ist auch der feste Glaube, der Markt werde es richten. Vier Anbieter wird es maximal geben. Derzeit gibt es nach DZW-Informationen kein Bruttoangebot für ein Telematikinfrastruktur-Gesamtpaket unter 3.000 Euro. Zu der neu ausgehandelten Pauschale im dritten Quartal von 1.719 Euro kommen eine Erstausstattungspauschale von 900 Euro, addiert ergibt sich daraus eine Summe von 2.619 Euro – für das vierte Quartal 2.447 Euro. Ob bei vier Anbietern ein Markteffekt eintreten wird, der die Unterfinanzierung aufheben kann, darf bezweifelt werden.
Und was bedeutet das für die Zahnärzteschaft?
Dr. Karl-Georg Pochhammer, Stellvertretender Vorsitzender und zuständiger Ressortvorstand der KZBV, begrüßt gegenüber der DZW die Einigung sehr: „Jetzt besteht wieder Planungssicherheit für die Praxen“, zudem werde wieder Zeit gewonnen, da sich KBV und GKV-SV vor der Schiedsamtsfrist geeinigt hätten, so Pochhammer, die Einigung wolle man nun im Detail prüfen.
Die positiven Effekte sind also benannt. Und die KZBV wird froh sein, dass mit dem Ende des Schiedsamtsverfahren von KBV und GKV-SV die Blockade der eigenen Verhandlungen mit dem GKV-SV aufgehoben ist. Aber seien wir ehrlich. Nach der Einigung schwergewichtigeren KBV wird der GKV-SV nun für Zahnärzte die TI-Pauschalen nicht völlig anders verhandeln.
Was bleibt? Markt oder Unterfinanzierung – wer wird das Rennen machen? Oder es wird in ein paar Monaten nachverhandelt?