In der Kinderzahnheilkunde ist ein zeitsparendes Vorgehen nicht nur vorteilhaft, sondern absolut notwendig: Ist die Grenze der Geduld und Kooperationsbereitschaft eines Kindes erst einmal erreicht, so ist an eine Fortführung der Behandlung kaum noch zu denken. Es gilt demnach, den Eingriff bereits vor Erreichen dieses Zeitpunkts abzuschließen. Und selbst dann, wenn unter Vollnarkose behandelt wird, ist ein zügiges Arbeiten essenziell, da es gilt, die Narkosezeit möglichst kurz zu halten.
In diesem Zusammenhang ist die Verfügbarkeit innovativer, den Behandlungsablauf vereinfachender und verkürzender Materialien für die Füllungstherapie ein Segen. Zu diesen Produkten gehören Universaladhäsive ebenso wie Bulk-Fill-Komposite, deren Anwendung an Milchzähnen im Folgenden beschrieben wird.
Versorgung mehrerer Zähne
Zu behandeln war ein siebenjähriges Mädchen, dessen Milchzahngebiss mehrere Läsionen aufwies. Auch an den Sechs-Jahres-Molaren waren bereits erste kariöse Defekte zu erkennen. Da die Compliance des Kindes für eine längere Behandlung nicht ausreichend war, wurde entschieden, die Versorgung aller Zähne unter Intubationsnarkose durchzuführen. Beschrieben werden nachfolgend die Versorgung einer okklusal-mesialen Läsion an Zahn 55 und einer okklusal-distalen Läsion an Zahn 54 mit Bulk-Fill-Komposit sowie eine erweiterte Fissurenversiegelung an Zahn 16. Direkt nach nasaler Intubation und Einleitung der Narkose erfolgte eine Zahnreinigung mit einem Gummikelch und Polierpaste.
Aufgrund der mangelhaften Mundhygiene und der daraus folgenden Gingivitis kam es bereits bei dieser milden prophylaktischen Reinigung zu einer starken Blutung des Zahnfleischs. Um die Schmerzfreiheit auch nach der Narkose zu gewährleisten, wurde anschließend ein Lokalanästhetikum injiziert (Infiltrationsanästhesie). Abbildung 1 zeigt die Situation nach diesen Maßnahmen und vor Beginn der restaurativen Behandlung. Während die Karies an Zahn 55 klinisch sichtbar ist, war der Defekt an Zahn 54 nur röntgenologisch diagnostizierbar. Die Fissur an Zahn 16 wies eine kleine kariöse Läsion auf.
Vorbereitungen: Der Kofferdam wurde im Sinne der maximalen Effizienz in beiden Quadranten gleichzeitig gelegt und mit Klammern fixiert (Abb. 2). Diese beidseitige Vorgehensweise ist dank der nasalen Intubation möglich, die auch den Vorteil einer großen Bewegungsfreiheit im Mund bietet.
Bei der Präparation von Milchzähnen sind einige Besonderheiten zu berücksichtigen. Erstens schreitet die Karies bei Milchzähnen in der Regel schneller fort als bei bleibenden Zähnen, sodass frühzeitiges Handeln gefragt und die vollständige Kariesentfernung von Bedeutung ist. Zweitens ist zu beachten, dass die Pulpa eine größere Ausdehnung aufweist. Darum ist es wichtig, bei der Kariesexkavation besonders vorsichtig vorzugehen, um eine unbeabsichtigte Freilegung der gesunden Pulpa zu vermeiden. Im vorliegenden Fall kam für die Exkavation der Karies ein Rosenbohrer zum Einsatz. Die Kavitätenpräparation erfolgte mit einem birnenförmigen Diamantschleifer mittlerer Körnung, das Anschrägen der Kavitätenränder mit einem feinkörnigen Diamanten (Abb. 3).
Da sich die Kavität an Zahn 54 approximal im subgingivalen Bereich befand, wurde zusätzlich eine intraligamentäre Anästhesie an diesem Zahn durchgeführt, um eine Blutung in die Kavität zu verhindern. Danach wurde eine Tofflemire-Matrize an Zahn 54 angelegt. Diese wird gern eingesetzt, da sie den Zahn körperlich fasst und so das Füllungsmaterial besonders gut und passend einzubringen ist. Im Fall des Zahns 55 wurde eine individuell zugeschnittene Teilmatrize verwendet, deren Befestigung mit einem Holzkeil erfolgte (Abb. 4). Selbstverständlich eignen sich Kunststoffkeile gleichermaßen.
Ätzen und Bonden
Gerade bei Milchzähnen mit ihren mikromorphologischen Besonderheiten ist die selektive Schmelzätzung in Verbindung mit der Anwendung von Universaladhäsiven sinnvoll [1]. Der Schmelz sollte hier in der Regel rund 30 Sekunden, das Dentin entweder gar nicht oder nur sehr kurz (maximal 10 Sekunden) geätzt werden. Für das gezielte Aufbringen mit einer dünnen Kanüle eignet sich ein phosphorsäurehaltiges Ätzmittel mit gelartiger Konsistenz besonders gut (zum Beispiel Scotchbond-Universal-Ätzgel, 3M). Dieses wurde im vorliegenden Fall zunächst ausschließlich auf die Schmelzareale aufgetragen (Abb. 5). Danach erfolgte die zusätzliche Ätzung des Dentins, bevor das Ätzgel gründlich mit Wasser abgespült wurde. Dann wurde die Kavität für die Applikation des Adhäsivs vorsichtig getrocknet.
Füllen und Versiegeln
Die Gründe für die bevorzugte Verwendung eines Universaladhäsivs (Scotchbond-Universal-Adhäsiv, 3M) bei Milchzähnen liegen in der damit verbundenen Zeitersparnis und seiner in mehreren wissenschaftlichen Studien bestätigten klinischen Zuverlässigkeit [1-3].
Für das Einbringen des Adhäsivs speziell in kleine Kavitäten eignet sich ein kleiner Pinsel besonders gut (Abb. 6). Mit ihm lassen sich alle Kavitätenwände sehr gut erreichen, was oft mit dem Standardapplikator bei kleinen Kavitätenöffnungen misslingt. Nach der Applikation wurde das Adhäsiv bis zur vollständigen Evaporation des Lösungsmittels verblasen und schließlich 10 Sekunden lang lichtgehärtet.
Die erweiterte Fissurenversiegelung an Zahn 16 wurde mit einem fließfähigen Komposit (Filtek Supreme XTE Flowable Composite, 3M) in der Farbe Extra White (XW) durchgeführt (Abb. 7). Diese weiße Farbe erleichtert Kontrollen zu einem späteren Zeitpunkt, da sie sich von der Zahnsubstanz eindeutig abhebt. Kleine Parafissuren wurden mit einem speziellen Material für die Fissurenversiegelung behandelt, da dieses noch dünnfließender ist als das gewöhnliche fließfähige Komposit. Hilfreich ist ein Material, das sich beim Auftragen von der natürlichen Zahnfarbe abhebt, da so eine exakte Dosierung und gezielte Verteilung gewährleistet wird. Im vorliegenden Fall kam Clinpro Sealant (3M) zum Einsatz, das rosa gefärbt ist und nach Lichthärtung ins Opak-Weiße umschlägt.
Für die Versorgung der größeren Kavitäten war ein Bulk-Fill-Komposit (Filtek-One-Bulk-Fill-Komposit, 3M) das Material der Wahl (Abb. 8). Diese Materialklasse ist für Milchzähne perfekt geeignet, da sie ein zeitsparendes Arbeiten ohne Schichten ermöglicht. Persönlich bevorzuge ich für die Modellation des Füllungsmaterials ein Tantalin, das heißt, ein doppelseitiges Instrument mit Kugelstopfer und kleinem Spatel. Der Vorteil liegt darin, dass für das Einbringen und Modellieren kein weiteres Instrument benötigt wird. Die Versorgung beider Kavitäten konnte im vorliegenden Fall gleichzeitig erfolgen, es waren keine Zwischenschritte wie die Lichthärtung etc. erforderlich. Bei Bedarf können auch an den mit einer direkten Restauration versorgten Zähnen die Parafissuren mit Fissurenversiegler behandelt werden. Die Lichthärtung der beiden Füllungen erfolgte gleichzeitig mit zwei Polymerisationsgeräten, wodurch eine zusätzliche Zeitersparnis erzielt wurde. Das Resultat zeigt Abbildung 9.
Ausarbeitung und Politur
Nach Entfernen der Matrizen wurden die Restaurationen mit Feinkorn-Diamanten ausgearbeitet. Für die abschließende Politur wurden Polierräder (Sof-Lex-Polierräderset, 3M) verwendet (Abb. 10). Schließlich erfolgte die Kontrolle der Restaurationsränder mit einer feinen Sonde. Die Abbildungen 11 und 12 zeigen das Behandlungsergebnis.
Fazit: Durch den Einsatz von Universaladhäsiven und Bulk-Fill-Materialien ist es möglich, die Behandlungsdauer im Vergleich zu dem klassischen Vorgehen mit Mehr-Schritt-Adhäsiven sowie in mehreren Inkrementen einzubringendem Komposit deutlich zu verkürzen. Dies ist ganz im Sinne der kleinen Patienten – ganz gleich, ob sie während des Eingriffs stillsitzen oder eine Narkose über sich ergehen lassen müssen. Die Anwendung der Materialien ist ähnlich der Vorgehensweise im bleibenden Gebiss, sodass ein Zahnarzt auf die ihm vertrauten Strategien zurückgreifen kann. Vor dem Hintergrund eines stetig zunehmenden Anspruchs, speziell der Eltern unserer kleinen Patienten an das ästhetische Erscheinungsbild der Versorgungen, stellt das beschriebene Vorgehen eine in unserer Praxis häufig gewählte Behandlungsoption dar, die zu qualitativ hochwertigen Resultaten führt.
Literatur
[1] Antoniazzi BF, Nicoloso GF, Lenzi TL, Soares FZ, Rocha Rde O. Selective Acid Etching Improves the Bond Strength of Universal Adhesive to Sound and Demineralized Enamel of Primary Teeth. J Adhes Dent. 2016;18(4):311-6. doi: 10.3290/j.jad.a36154.
[2] Nicoloso GF, Antoniazzi BF, Lenzi TL, Soares FZ, Rocha RO. Is There a Best Protocol to Optimize Bond Strength of a Universal Adhesive to Artificially Induced Caries-affected Primary or Permanent Dentin? J Adhes Dent. 2016;18(5):441-446. doi: 10.3290/j.jad.a36669.
[3] Pitchika V, Metz I, Rothmaier K, Crispin A, Hickel R, Bücher K, Kühnisch J. Comparison of Different Protocols for Performing Adhesive Restorations in Primary Teeth – A Retrospective Clinical Study. J Adhes Dent. 2016;18(5):447-453. doi: 10.3290/j.jad.a36893.