In einer Zahnarztpraxis sind vor allem zwei Schadentypen denkbar, für die ein Teammitglied haftbar sein kann: Fehler, die unmittelbar zu einem Schaden des Patienten führen, und Fehler, die zu einem Schaden für die Praxis führen.
Fehler zum Nachteil des Patienten:
Die praktisch relevanteste Gruppe von Fehlern zum Nachteil des Patienten sind Behandlungsfehler. Behandlungsfehler stellen aus rechtlicher Sicht einerseits eine Verletzung des Behandlungsvertrags, andererseits ein Delikt dar. Da der Behandlungsvertrag nicht mit jeder einzelnen in die Behandlung eingebundenen Person, sondern lediglich mit dem Praxisinhaber zustande kommt, kommt eine Haftung wegen der Verletzung des Behandlungsvertrags nicht in Betracht. Dies gilt auch dann, wenn zum Beispiel im Rahmen der PZR eine Leistung vollständig an die ZFA oder ZMP delegiert wird und dort ein Schaden eintritt – auch hier haftet die handelnde Person nicht wegen einer Vertragsverletzung.
Unterläuft der handelnden Person – in unserem Beispiel der die PZR durchführenden Mitarbeiterin – ein Fehler, haftet diese jedoch grundsätzlich aus Delikt (sogenannte Handelndenhaftung), etwa wenn diese dem Patienten aus Unachtsamkeit mit einem Scaler ins Zahnfleisch sticht. Hier käme dann ein Anspruch auf Schmerzensgeld in Betracht.
Leidlich bekannt sind auch die Fälle, in denen Patienten mit einem hochwertigen Oberteil in die Praxis kommen und dieses durch Unachtsamkeit verunreinigt wird – hier steht dann ein Anspruch auf Ersatz der Reinigungskosten im Raum. All diese Ansprüche können sich prinzipiell also auch direkt gegen die handelnde Person, also auch gegen das handelnde Mitglied des Teams richten.
Fehler zum Nachteil der Praxis:
Neben den zuvor beschriebenen Konstellationen, in denen ein Patient unmittelbar einen Anspruch gegen Praxismitarbeiter haben kann, kommen auch Fehler zum Nachteil der Praxis in vielfältiger Weise Betracht. Neben dem falschen Umgang mit Praxisinventar, der zu einem Schaden eines hochwertigen Geräts führt, oder teuren Fehlern bei der Abrechnung ist zum Beispiel auch denkbar, dass durch einen falschen beziehungsweise nicht den Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) entsprechenden Umgang mit Patientendaten Ansprüche durch Patienten oder den Landesdatenschutzbeauftragten geltend gemacht werden. Wird der Praxisinhaber vor einem solchen Hintergrund in Anspruch genommen, löst dies dem Grunde nach einen Ausgleichsanspruch gegenüber der handelnden (den Fehler verursachenden) Person aus.
Haftungsbeschränkungen (innerbetrieblicher Schadenausgleich): Aber auch, wenn ein Fehler Praxismitarbeitern unmittelbar zugeordnet und die Verursachung nachgewiesen werden kann, bedeutet dies nicht automatisch, dass diese den Schaden auch ersetzen müssen. Für betrieblich veranlasste Tätigkeiten bestehen nämlich Haftungsbeschränkungen. Diese werden auch als innerbetrieblicher Schadenausgleich bezeichnet, dienen dem Schutz der Arbeitnehmer und sollen dem Umstand Rechnung tragen, dass Mitarbeiter durch Tätigkeit im Betrieb des Arbeitgebers überhaupt erst in die Lage versetzt werden, einen Schaden verursachen zu können.
Diese arbeitsrechtlichen Besonderheiten führen meist zu einer Entlastung der Angestellten. Voraussetzung für die Anwendung dieser Grundsätze ist, dass die zum schädigenden Ereignis führende Tätigkeit betrieblich veranlasst, also dem Arbeitnehmer arbeitsvertraglich übertragen oder im Interesse des Arbeitgebers ausgeführt worden ist. Die Haftungsbegrenzung erfolgt danach, wie hoch der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers zu bemessen ist.
Nur bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Handeln, also einem Handeln, das die zu beachtende Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, haften Mitarbeiter in vollem Umfang für den von ihnen herbeigeführten Schaden. Liegt „normale“ Fahrlässigkeit vor, erfolgt eine Schadenteilung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber. Normale Fahrlässigkeit ist dann anzunehmen, wenn bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt der Schaden vermeidbar gewesen wäre. Hierbei hat eine Bewertung im Einzelfall zu erfolgen, inwieweit ein Arbeitnehmer am Schadenersatz zu beteiligen ist.
In diese Bewertung fließen nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verschiedene Umstände, wie etwa die Schadenhöhe, die Gefahrgeneigtheit der Tätigkeit, die Höhe der Vergütung oder die Familienverhältnisse, ein. Bei lediglich leichter Fahrlässigkeit trifft den Arbeitnehmer hingegen keine Haftung. Hiervon erfasst sind geringfügige und leicht entschuldbare Pflichtwidrigkeiten, die jedem Mitarbeiter passieren könnten. Ein solcher Fall kann zum Beispiel anzunehmen sein, wenn dem Mitarbeiter ein teures Gerät versehentlich aus der Hand rutscht, obwohl die erforderliche Sorgfalt beachtet worden ist. Hierbei kommt es im konkreten Einzelfall darauf an, ob einfaches körperliches Versagen („Schwächeanfall“ oder Ähnliches) zu dem Missgeschick geführt hat, oder ob sich der Mitarbeiter etwa vorwerfen lassen muss, das Gerät falsch getragen zu haben, sich mit mehreren Gegenständen „überladen“ hat oder sich hat ablenken lassen.
Wird also ein Arbeitnehmer zur Zahlung von Schadenersatz herangezogen, besteht nach den zuvor erläuterten Grundsätzen gegenüber dem Arbeitgeber ein Freistellungsanspruch, der sich zumeist auf den gesamten oder zumindest den größten Teil des Schadens bezieht. Das Haftungsrisiko ist damit für Praxismitarbeiter zwar nicht völlig auszuschließen, aber relativ gut überschaubar. Dies gilt vor allem, da – zumindest wenn keine grobe Fahrlässigkeit oder gar Vorsatz vorliegt – im Schadenfall die Beteiligung des Arbeitnehmers an den Ersatzkosten immer im Verhältnis zu seinem Einkommen stehen muss. Zudem verzichten Praxisinhaber erfahrungsgemäß häufig darauf, solche Ausgleichsansprüche gegen Teammitglieder überhaupt geltend zu machen, um den Betriebsfrieden zu wahren.
Versicherungsschutz: Auch wenn das Risiko relativ gering ist, durch Praxisinhaber oder Dritte für berufliche Fehler in Anspruch genommen zu werden, ist es natürlich dennoch sinnvoll, sich darüber zu informieren, ob und inwieweit im konkreten Fall persönlicher Versicherungsschutz auch für den beruflichen Bereich besteht. Dieser kann entweder über die eigene Haftpflichtversicherung (gegebenenfalls ergänzt um Versicherungsschutz für den beruflichen Bereich), teilweise aber auch über Versicherungen des Praxisinhabers hergestellt werden. Es empfiehlt sich daher, den Versicherungsschutz zu überprüfen und sich bei Bedarf für den Fall der Fälle optimal abzusichern.
Björn Stäwen, LL.M., Münster