„Das ist der Podcast aus der Dentalwelt indem Menschen eingeladen werden, die täglich für ein neues lächeln sorgen oder im weitesten Sinne daran beteiligt sind“, - wer den Podcast wohl kennt, konnte bei diesen Worten wohl mitsprechen. Denn der Zahntechnikermeister mit dem wohlklingenden Namen Miguel Angelo Basalo eröffnet so stets seine Podcasts.
Sein Gast in dieser Podcast -Episode ist Peter Biermann- sein Chef- und ist Inhaber von Biermann Zahntechnik. Normalerweise ist es so, dass der Zahntechniker eher im Hintergrund steht und dem Zahnarzt das Rampenlicht überlässt. Dass es aber auch anders geht, zeigt Biermann Zahntechnik, der Name ist in Bayern bekannt und man weiß, dass der Zahnersatz nicht aus der Schublade des Zahnarztes kommt. Die Beiden haben sich über eine Kundin von ihm kennengelernt. So kam es, dass Miguel von Dortmund nach Oberbayern gezogen ist, um bei ihm zu arbeiten. Nun arbeitet er dort, wo andere Urlaub machen. Miguel hat schon viele Podcast-Folgen aufgenommen, so ist es nicht verwunderlich, dass nun auch sein Chef zum Interview gebeten wurde. Die Situation, dass ein Angestellter seinen Chef interviewt, dass dann auch noch aufnimmt und online stellt, ist wohl eher selten, aber umso spannender.
Bei uns hört man nicht, sondern liest man nun einen Ausschnitt aus dem Interview. So steht Peter Biermann seinem Angestellten Miguel Rede und Antwort. Im Gespräch geht es um ihn selbst, über die Zahntechnik und den Wandel der Zahntechnik in seinem Labor.
Peter, hast du schon immer gewusst, dass du Zahntechnik machen möchtest oder wie hat sich das entwickelt?
Das war eigentlich Zufall, als erstes wollte ich Druckvorlagenhersteller werden, ich wollte etwas handwerkliches machen. Schreiner und Elektriker kamen für mich von Anfang an nicht in Frage. Nur war diese Branche dann auch schon dem Aussterben verschrieben, weil der digitale Teil hier einiges ersetze und so kam es, dass es die Druckvorlagenherstellung in dem herkömmlichen Sinn nicht mehr gab. Dann bin ich durch einen Freund auf die Zahntechnik aufmerksam geworden und hab dann in einem Labor, mit 17, die Lehre angefangen.
War dir schon in deiner Ausbildung klar, dass du den Meister machen möchtest und später Selbstständig werden willst?
Ich hatte schon den Ansporn ein guter Zahntechniker zu werden und viel zu lernen. Denn umso mehr man macht und lernt, umso mehr versteht man die Sachen, die man tut. In der Zahntechnik ist alles individuell und so wird man einfach schnell und gut. – wie in anderen Berufen auch. Aber ein Meister werden oder in die Selbstständigkeit gehen, nein, das wollte ich zu dieser Zeit nie. Aus meiner Lehre habe ich von den damaligen Kunden keinen guten Eindruck gehabt. Der fehlende Austausch und die Tatsache, dass man in der Hierarchie unter dem Zahnarzt ist, hat mir das Gegenteil vermittelt. Da wurde aber auch noch ganz anders gearbeitet, da haben die Kassen alles bezahlt. Es ging eher um Masse und nicht um Klasse.
Die beiden Branchen nähern sich ja mittlerweile aneinander an. Also, dass Zahntechnikermeister und Zahnärzte sich auf Augenhöhe begegnen und sich austauschen können, um für den Patienten das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Siehst du das auch so? Oder glaubst du, dass das Gefälle noch ziemlich stark ist?
Das sehe ich auch so. Aber es liegt wohl auch an den Medien, Internet und co. Die Leute sind auch teilweise informierter und der Zahnarzt selbst muss mehr Aufklärungsarbeit leisten, weil der Patient es einfordert. Früher war das anders, der Zahnarzt war heilig, heute wird viel hinterfragt. Natürlich ist die Zahntechnik ein Bereich des Zahnarztes, abgetrennt voneinander, doch zusammengehörend. Deshalb sollte hier eine rege Kommunikation stattfinden. Denn mit einer guten Kommunikation kommt auch ein gutes Endergebnis zustande. Und wenn man dazu bereit ist, tut sich nicht nur das Labor leicht, sondern auch der Behandler. Wir machen nichts mehr doppelt, der Behandler kriegt in einem kurzen Zeitmanagement eine Toparbeit hin und der Patient ist ebenso Happy. Und das trägt er nach außen.
Seit wann gibt es Biermann Zahntechnik?
Grundsätzlich bin ich seit 2003 selbstständiger Zahntechnikermeister. In München habe ich mein erstes Labor gegründet, dass hieß AlphaDent GmbH. Ich bin dann 2011 mit Jan Schmidt zusammengekommen und wir haben kurz darauf unsere beiden Betriebe zusammengelegt. Herr Schmidt ist dann in Rente gegangen und seit 3 Jahren ist es nun, nur noch Biermann Zahntechnik
Wie funktioniert so eine Fusion? Wie entscheidet man welche Geräte bleiben und welche wegsollen? Wer bringt welchen Kunden mit?
Also es ist eigentlich so, ich wollte das gar nicht. Ein gemeinsamer Freund-ein Kunde- welcher ansässiger Zahnarzt in Oberammergau ist meinte, du der sucht jemanden, der möchte gerne übergeben, schau dir das doch mal an, Peter. Und ich hatte eigentlich keine Lust. Ich war schon immer mein eigener Chef und jetzt mit jemanden zusammen ein Geschäft zu führen, das ist immer schwierig. Denn meistens bleibt immer einer auf der Strecke, nämlich der Gutmütige. So war ich eigentlich dagegen, habe mich aber dazu entschieden ihn kennenzulernen. Was auch gut war, denn wir zwei haben uns so gut verstanden, dass die Fusion klar war. Ich würde das heute noch mit ihm zusammen machen, weil wir 1:1 das gleiche sind, nur das er etliche Jahre älter ist.
Ja mei, bei einer Zusammenführung ist es so, dass die Geräte die Neuer waren behalten wurden und die alten Sachen über Portale wie Ebay verkauft wurden oder man hat die Sachen behalten und ins Lager gestellt, für eventuelle Ersatzteile. Die Kunden führt man zusammen. Doch man muss vorab selbst schauen, was einem eine Fusion Wert ist. Denn, egal was für Zahlen an einem Betrieb hängen, die menschliche Komponente ist die Wichtigere. Du musst mit dem, mit dem du das machst gut zurechtkommen, es muss passen. Weil es ansonsten sehr einseitig werden kann.
Wie ist aus Biermann und Schmidt Zahntechnik, Biermann Zahntechnik geworden? Also der Namenswechsel kam, als Herr Schmidt in Rente gegangen ist. Da habe ich seine restlichen Anteile abgekauft und da man das sowieso rechtlich eintragen muss, habe ich sogleich auch die Namensänderung mitvorgenommen. Das war 2018.
Nun zu einer zahntechnischen Frage, die eine Zahnärztin vorab gestellt hatte. Wenn man als Labor Non-prep Veneers macht, was würdest du empfehlen: Würdest du eine Schichttechnik wählen, würdest du sie pressen oder würdest du über den CAD/CAM Workflow gehen- wenn die Ausganssituation ein vitaler Stumpf ist?
Grundsätzlich kommt es auf die Vorrausetzung an, hier kommt wieder das Individuelle ins Spiel.- Will man eine Fehlstellung ausgleichen, hat man genug Platz? - Dann kann man diese natürlich auch pressen. Bei mir werden Non-prep Veneers grundsätzlich auf feuerfesten Stümpfen mit reiner Keramik geschichtet. CAD/CAM funktioniert es nicht. – Sie funktioniert in der Vollkeramik nur bedingt. Bei Kronen und Onlays, also bei allem was den Zahn umschließt kriegen wir gute Ergebnisse hin. Im Inlay-Bereich, wo die Ränder fein auslaufend sind ist das Ergebnis für uns oder für mich nicht zufriedenstellend. Die Genauigkeit ist da nicht gegeben.
Dein Labor ist digital gut aufgestellt, hier hat man alle erdenklichen Geräte, über 3D-Drucker bis hin zur großen Fräsmaschine- Ich finde, dass das Thema CAD/CAM in der Berufsausbildung immer noch zu kurz kommt, was glaubst du wie sich das Thema in der Zukunft entwickeln wird?
Also das Thema CAD/CAM in der Berufsausbildung- da muss ich dir leider widersprechen. Weil ich glaube, dass man nur große und gute Arbeiten hinbekommt, wenn man vorher das Schichten und Aufwachsen gelernt hat. Man muss wissen, wie man eine Krone analog herstellt. Das können unsere künftigen Gesellen jetzt schon viel zu wenig und wenn du nur noch am Bildschirm arbeitest und gar nicht weiß, wie dieselbe Arbeit in Wachs herzustellen ist, sehe ich das kritisch. Hier rede ich nicht von einem Käppchen, sondern gerade von größeren Arbeiten, wo du ein Blick dafür haben musst, wie die Arbeit später auf dem Modell ausschauen soll, wird es schwierig. Klar wird der Druck und die CAD/CAM Technik noch fortgeschrittener werden, aber ich sehe es wie den Thermomix aus dem Küchenbereich: Es ist ein Helfer, aber es ersetzt nicht das Kochen.
Die Maschinen können dem Techniker einfach Zeit verschaffen und deswegen sind wir im Labor auch so aufgestellt: Der Techniker kann so mehr arbeiten und die Maschinen nimmt ihm lediglich einzelne Arbeitsschritte ab.
"Digitales Handwerk erfordert analoges Wissen!"
Was hat sich seit deiner Ausbildung in der dentalen Welt verändert?
Eigentlich alles. Angefangen bei dem Verhältnis zwischen Zahnarzt und Zahntechniker. Sobald die Kassenreform kam und nur noch Zuschüsse bezahlt wurden ist das ganze natürlich etwas zusammengebrochen. Die alte Schule der Zahntechnikermeister, die die Labore geleitet haben und Ihre Hierarchie aufgebaut und verteidigt haben, gibt es heute hoffentlich nicht mehr. Diese Arbeitskollegen haben ihren Lehrlingen und Jungtechnikern nichts gezeigt, haben ihre Hände vor Arbeiten gehalten, damit diese auch nicht sehen, wie einzelne Arbeitsschritte funktionieren. Das hat mich in meiner Lehrzeit sehr geprägt und ich wusste, ich würde das anders machen. Ich mag es, wenn die Leute gut miteinander können, dass jeder dem anderen Hilft und was zeigt. Wenn einer Lust hat was Neues zu lernen wird es ihm gewährt und nicht verweigert. Wir haben eine 4o Stundenwoche, natürlich macht man auch mal Überstunden. Da ist es nicht verwunderlich, dass man länger hier, als zu Hause ist.
Gerade deshalb ist es mir wichtig, ein freundschaftliches, kollegiales Verhältnis zu haben. Beim Neubau des Labors war mein besonderes Augenmerk auf ein schönen Sozialraum, hell geflutete Räume und eine Wohlfühlatmosphäre gerichtet. Wenn man sich wohlfühlt liefert man auch gute Arbeit ab. Mit 21 Mitarbeiter sind wir gerade nicht wenig, da spielt sowas natürlich eine große Rolle, denn ein zufriedener Mitarbeiter und ein gutes Team ist das Wichtigste.
Lust auf mehr??
Im weiteren Verlauf des Interviews steht Peter Biermann Rede und Antwort zu einigen der wichtigsten Fragen im Zahntechniker Handwerk: Bleibt die Zahntechnik ein meisterpflichtiges Handwerk, oder ist der Titel nur noch da ist um sich selbstständig zu machen? Wo sind die Grenzen von Intraoralscannern und welche Unterschiede gibt es? Wie bekommt man ein großes Team dahin, dass alles im Einklang läuft? Wie findet man trotz Corona gute Mitarbeiter? Wie bedeutend ist eigentlich Social Media für das Dentallabor? Wenn Du dir all diese Fragen auch schon gestellt hast, dann hör dir die Meinung dazu von Peter Biermann im Dentalweltpodcast an!