Der Kommentar von Chefredakteur Marc Oliver Pick
Das Jahr 2025 ist noch nicht mal einen Monat alt, aber schon überschlagen sich die Ereignisse. In den USA stehen von Tag eins der neuen Präsidentschaft alle Zeichen auf Disruption. Selbst wenn nicht alle Dekrete des 47. Präsidenten den Weg in die Umsetzung finden werden, werfen manche Entscheidungen schon jetzt lange (und düstere) Schatten voraus, darunter der angekündigte Austritt der USA aus der WHO oder die umstrittene (noch nicht umgesetzte) Personalie, wer künftig über Wohl und Wehe des amerikanischen Gesundheitssystems entscheiden wird.
Denn so viel steht fest: Sollte es wirklich nach der Mannschaft um den designierten US-Gesundheitsminister gehen, könnte das Gesundheitssystem der USA und mit ihm renommierte Institutionen wie die FDA schon bald nicht mehr wiederzuerkennen sein. Noch bleibt allerdings abzuwarten, welche Ankündigungen tatsächlich wie „angedroht“ umgesetzt werden und welche davon sich am Ende als lediglich medienwirksam inszenierter Sturm im Wasserglas entpuppen werden.
Wie geht es nach der Bundestagswahl weiter?
Spannend wird auch die Frage sein, wie es mit dem deutschen Gesundheitssystem weitergehen wird, wenn nach den Bundestagswahlen am 23. Februar die politischen Karten neu gemischt werden. Ein Kurswechsel in der Gesundheitspolitik, von vielen Seiten sehnlichst herbeigewünscht, ist jedenfalls mindestens ebenso wahrscheinlich wie das Festhalten an bereits umgesetzten Sparmaßnahmen.
Denn Neuwahlen allein werden an den finanziellen Herausforderungen nichts ändern. Auch unter einer neuen Regierungskoalition werden neben klammen Kassen die Probleme Fachkräftemangel, Überregulierung und damit verbunden hohe Bürokratielasten kaum von heute auf morgen verschwinden. Und doch kann es sich Deutschland nicht leisten, diese Probleme noch länger zu ignorieren oder allenfalls halbherzig anzugehen.
Regulieren, wo es sinnvoll ist
Nehmen wir das Thema Regulierung: Man braucht keinen Tech-Milliardär zu verpflichten, um zu erkennen, dass Deutschland (nicht nur als Teil der EU) es in Sachen Regulierung eindeutig zu weit getrieben hat und in diesem engen und vermutlich noch enger werdenden Korsett immer weniger handlungsfähig ist. Dass es Bereiche gibt, die stärker reguliert werden müssen als andere, zum Beispiel wenn es um Gesundheit geht, ist nachvollziehbar und angebracht. Entscheidend ist, dass angemessen reguliert wird, wo es sinnvoll ist.
Was aber ist angemessen? Mark Stephen Pace, Vorstandsvorsitzender des Verbands der Deutschen Dental-Industrie e. V., bestätigte vergangene Woche beim Europäischen Pressegespräch zur bevorstehenden IDS 2025, dass es zwar eine gewisse Bürokratie brauche, die MDR aber weit über das eigentliche Ziel hinausschieße. „Wir brauchen Ordnung, wir brauchen Strukturen, wir brauchen Richtlinien. Ich sehe aber nicht, warum Medizinprodukte der Dentalbranche in der MDR genauso behandelt werden wie Arzneimittel – mit allen Ebenen an bürokratischen Auflagen und Dokumentationspflichten.“
MDR entpuppt sich als Fortschrittsbremse
Dies koste nicht nur enorm viel Zeit (die für die Entwicklung neuer Produkte fehle), sondern löse auch unverhältnismäßige Kosten aus, die in einer mittelständisch geprägten Branche wie der Dentalbranche gerade von kleineren Unternehmen kaum oder gar nicht gestemmt werden können. Der eigentliche Ansatz, mit der MDR mehr Patienten- und Anwenderschutz zu gewährleisten, entpuppe sich als Fortschrittsbremse.
Wie immer hat aber auch das Thema Regulierung zwei Seiten: Einerseits wird in bestimmten Bereichen Regulierung als Hemmnis wahrgenommen, an anderer Stelle wird mehr Regulierung eingefordert, etwa bei Zugangsbeschränkungen für Investoren im Gesundheitsmarkt. So fordern zahnärztliche Standesorganisationen seit langem eine klare Ansage und vor allem Taten seitens des BMG − bislang vergeblich.
Politik muss Impuls aufgreifen
Ausgerechnet eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs könnte nun wieder Bewegung in die Sache bringen: Mitgliedstaaten sei es durchaus erlaubt, die Beteiligung „reiner Finanzinvestoren an Rechtsanwaltsgesellschaften zu verbieten“, urteilte der EuGH. Jetzt muss der Impuls nur noch von der Politik aufgegriffen und in eine an das Gesundheitswesen angepasste Regelung gegossen werden.
Auch wenn das Jahr turbulent begonnen hat, an ganz unerwarteter Stelle ergeben sich vielleicht auch Chancen.