Die Zahnärzteschaft hatte zum traditionellen Frühjahrsempfang in den Bärensaal des Alten Stadthauses in Berlin geladen und rund 400 Gäste aus Politik und Standespolitik waren gekommen.
Dr. Wolfgang Eßer, Vorstandsvorsitzender der KZBV, begrüßte die Gäste mit einer mit Spannung erwarteten Rede. TSVG, renditegetriebene Fremdkapitalinvestoren-ZMVZ, Bedrohung der Versorgung und der Freiberuflichkeit. Hatte da jemand das Redemanuskript vertauscht? – Frühjahrsempfang 2018, mag sich der eine oder die andere gefragt haben.
Aber es kommt wie bei einem guten Orchester auf die Zwischentöne an. Wer auf Eßers Zwischentöne achtete, bemerkte schon eine Verschiebung des Schwerpunkts. In die höflichen Dankesformulierungen, dass die Ordnungspolitik eine rein zahnärztliche Sonderlösung in Bezug auf MVZ im TSVG formuliert hat, mischten sich auch fragende Sätze, ob dieser Sonderweg auch ein zielführender sei: „Das Risiko, dass die zahnärztliche Versorgung von versorgungsfremden Investoren völlig überrollt wird, scheint nun zunächst verkleinert zu sein. Ob die Gefahr wirklich gebannt ist, werden uns die Entwicklungen in den nächsten Monaten und in den kommenden Jahren zeigen.“
So viel Zweifel war zuletzt selten. Nun sind wir also doch im Jahr 2019 gelandet. Zukunftsthemen kamen dann leider etwas kurz. Es gelte, so Eßer, „Konzepte zu entwickeln und die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass die Niederlassung junger Zahnärztinnen und Zahnärzte in freiberuflicher Selbständigkeit gefördert wird. Dabei müssen wir dem Anliegen der jungen Generation zum Beispiel nach einer ausgewogenen 'work-life-balance' Rechnung tragen.“ Visionär hört sich anders an. Die Konzepte sind seit langem überfällig. Hier und da gibt es in den Regionen immerhin schon zarte Ansätze. Zu guter Letzt – surprise, surprise – fällt das Wort Digitalisierung. 2019. Ist das jetzt Neuland? Eßer: „Die Anbindung an die Telematikinfrastruktur ist eine absolute Grundvoraussetzung, damit wir als Berufsstand, zusammen mit den anderen Heilberufen und den Krankenkassen, den Weg in die digitale Zukunft des Gesundheitswesens gehen können.“
Den Ball nahm anschließend der Parlamentarische Staatssekretär beim BMG, Dr. Thomas Gebhart, auf: Die Digitalisierung sei kein Selbstzweck. Trotz hohen Tempos wolle das BMG das gute Klima zwischen Politik und Standespolitik pflegen. Schönes Wetter in Berlin. Immerhin kam noch eine konkrete Ankündigung. Das Digitalisierungsgesetz aus dem BMG werde noch im Mai/Juni vorgelegt, so Gebhart. Wahrscheinlich wird hier auch der Vorhang gelüftet, wie digitale Anwendungen den Weg in den Leistungskatalog der GKV finden.
Ein wenig Stimmung in die Eitel-Sonnenschein-Atmosphäre brachte dann Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der BZÄK. Er blickte anfangs dann 30 Jahre und vier Monate in die Vergangenheit. So lange steht der Punktwert der GOZ bei 11 Deutschen Pfennigen oder 5,62421 Cent. Ein unwirklicher Zustand. Ein weiterer alter Zopf ist die Approbationsordnung. Still ruht der See im Bundesrat. Alles Arbeiten und Appellieren der Zahnärzteschaft sollte irgendwann einmal auf fruchtbaren politischen Boden fallen.
Dann ein Blick voraus, wo Oesterreich akuten Handlungsbedarf sieht: „Die BZÄK ist deshalb frühzeitig an die Politik und die Pflegefachverbände herangetreten und möchte dafür werben, die curricularen Bausteine zur ‚Mundhygiene in der Pflegeausbildung‘ in den Ausbildungsrahmenplänen der Pflegefachkräfte unbedingt zu berücksichtigen.“ Guter Ansatz, mehr davon. Und dann rief Oesterreich unter Applaus dazu auf, zur Europawahl zu gehen. Dem schließt sich die dzw an. Die KZVBW hat einen eigenen Wahl-O-Mat für Zahnärzte entwickelt. Hier geht es zum „WahlCheck Gesundheit“ zur Europawahl. Die Wahl findet am 26. Mai 2019 statt.