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Für sich selbst einstehen

Nein sagen kann man lernen.

Nein sagen kann man lernen.

Die meisten kennen die Situation: Wir werden um etwas gebeten und sagen ohne zu zögern: „Ja klar, mache ich gerne.“ Dabei denken wir uns: „Mist, schon wieder etwas Neues auf der Aufgabenliste. Die wird immer größer, und ich weiß jetzt schon nicht mehr, wie ich das alles hinbekommen soll.“

Wir werden so erzogen, dass wir anderen helfen und (jederzeit) für andere da sein sollen. Uns ist es oft wichtiger, was der Nachbar, was Freunde und Kollegen über uns denken, als was wir selbst über uns denken, denn unser internes Denkprogramm „ich möchte von allen gemocht, wenn möglich sogar geliebt werden“, ist extrem stark. Darum tun wir oft Dinge, von denen wir denken, dass sie von uns erwartet werden, die uns aber nicht begeistern.

Mentales Grundprogramm: So wie ich bin, ist nicht gut genug

Wir sagen zu oft „Ja“ und zu selten „Nein“. Immer mit dem bewussten oder unbewussten Ziel, andere Menschen glücklich zu machen, und als Ergebnis von ihnen Anerkennung zu bekommen. Sei es im Job, in der Beziehung oder sogar im Verein. Und um Anerkennung (Lob, Liebe und Zugehörigkeit) zu erhalten, verbiegen wir uns oft. Das mentale Grundprogramm vieler Menschen heißt nämlich: „So wie ich bin, ist nicht gut genug.“

Schauen wir uns nur einmal Teilnehmer von Rhetorikkursen an. Viele Menschen haben beispielsweise Angst, vor anderen Menschen eine Rede zu halten. Warum das so ist? Weil sie Angst haben, Fehler zu machen, den Faden zu verlieren oder etwas nicht zu wissen.

Irriger Glaube: „Wenn ich erst einmal …, dann …“

Also wird in Rhetorikkursen gelernt, wie man dastehen, wie man die Sätze betonen und wo man seine Hände haben darf. Nach zwei Tagen wirkt man wie ein dressiertes Äffchen, das die Hände fast automatisch zur berühmten „Merkel-Raute“ formt und mit überzogenem Lächeln und unnatürlichen Armbewegungen die Zuschauer begrüßt. Ich frage solche Menschen oft, ob sie morgens im Unternehmen am Kaffeeautomaten ihre Kollegen auch in so einer Haltung begrüßen. Nein, natürlich nicht. Aber warum kommen wir dann auf die irre Idee, dass wir, wenn wir vor anderen Menschen stehen, „besser“ sein müssen als sonst? Weil das innere „Kinder-Denkprogramm“ immer noch wirkt: So, wie ich bin, ist nicht gut genug. Erst wenn ich mein Zimmer aufräume, hat mich Mama lieb. Erst wenn ich gute Noten nach Hause bringe, hat mich Papa lieb. Erst wenn ich viel verdiene, bin ich „jemand“. Erst wenn ich viele Mitarbeiter habe, nimmt man mich ernst.

Denkweise hinterfragen

Bei vielen Menschen kommt irgendwann der Punkt im Leben, an dem sie genau diese Denkweise hinterfragen. Diese Menschen entdecken dann den wahren Sinn des Wortes „Selbstbewusstsein“ – nämlich sich selbst bewusst zu sein. Zu wissen, was man im Leben wirklich will und was man nicht (mehr) will – das ist die zentrale Frage. Wenn ich nicht weiß, was ich will, bin ich für die Wünsche und Ziele anderer Menschen „offen“ – und werde zu einer viel zu oft ja-sagenden „Servicekraft“ für Andere.

Zu wissen, was man im Leben will, hat aber noch weitere, sehr wichtige Folgen: Man erfährt den Sinn seines Lebens. Man kommt also im wahrsten Sinne des Wortes zur „Be-Sinn-ung“. Und wenn man den Sinn des eigenen Lebens bewusst wahrnimmt, erzeugt dies Sicherheit, Motivation und auch eine gewisse innere Ruhe.

Sinn im Leben verändert nicht nur unser Leben, es verändert auch uns selbst, denn diese innere Sicherheit und Ruhe ist mächtig: Plötzlich ist uns unser Ziel wichtiger als etwas anderes, und uns kommt ein „Nein, sorry, dafür habe ich keine Zeit“ leicht über die Lippen. Die ersten Male sagen wir das vielleicht noch mit einem inneren Gefühl der Unsicherheit, weil unser Umfeld eventuell erstaunt oder sogar irritiert darauf reagiert, dass wir für uns selbst einstehen. Das ist man schließlich nicht gewohnt. Sehr schnell wird unser Umfeld dies aber akzeptieren und uns ganz neu „einstufen“. Denn mit dieser inneren Sicherheit wirken wir auch automatisch selbstbewusster (was wir dann ja auch wirklich sind).

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens

Um so weit zu kommen, müssen wir uns erst einmal ernsthaft fragen: Was erfüllt uns wirklich? Was bringt uns dazu, für uns selbst einzustehen und das einzufordern, was wir wirklich verdienen?

Der Sinn des Lebens ist sehr individuell, jeder Mensch darf (und muss) sich selbst auf die Suche danach machen. Meist haben wir nicht gelernt, uns mit solchen sehr persönlichen Themen zu befassen. Nicht in der Schule und oft auch nicht von den eigenen Eltern. Dies wird sich aber ändern, denn wer einen tieferen Sinn im eigenen Leben erfährt, ist erfüllter, sicherer und glücklicher. Und das sollte es uns doch wert sein. Macht das Sinn für Sie?

Stefan Dudas, Luzern