Nach zähem Ringen, zwei Anhörungen, drei Lesungen und intensiver Lobbyarbeit ist der TSVG-Entwurf nun als Gesetz beschlossen. Diese Kuh ist jetzt vom Eise. Was sind die Ergebnisse für die Zahnärzteschaft? Die Degression wird abgeschafft. Oh, wie schön ist Panama – ein Steuerungselement weniger, das Zahnärzte mit Honorarkürzungen belegte. Die Erhöhung der Festzuschüsse beim Zahnersatz freut natürlich die Patienten. Die Mehrkostenregelungen in der kieferorthopädischen Versorgung sind beschlossen und können nun konkretisiert werden. Und das ist gut so.
Zur unendlichen Geschichte der MVZ konnte die Standespolitik einen eigenen Passus zur Regelung speziell der zahnärztlichen MVZ ins TSVG hineinlobbyieren: „Zahnärztliche medizinische Versorgungszentren können von Krankenhäusern nur gegründet werden, soweit der Versorgungsanteil ... in dem Planungsbereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung ... einen Anteil von 10 Prozent nicht überschreitet“, bei drohender Unterversorgung 20 Prozent, bei Überversorgung 5 Prozent. Dr. Wolfgang Eßer, Vorstandsvorsitzender der KZBV, feierte „die verabschiedete Vorgabe als ordnungspolitisch ausgewogen und sinnvoll“.
Man kann ja zu Investoren-ZMVZ sehr unterschiedlicher Meinung sein, aber ob das gewählte Steuerungselement geeignet ist, darf bezweifelt werden. Die ländliche Versorgung zu stärken ist für Investoren kaum mehr darstellbar, wenn sie dort beispielsweise nur zwei Zahnärzte im Planungsbereich anstellen können. In städtischen Planungsbereichen sieht es ganz anders aus, hier können im größeren Maßstab Zahnärzte von Investoren-ZMVZ beschäftigt werden. Zudem gilt die 10-Prozent-Regelung für das jeweilige Krankenhaus als ZMVZ-Träger und nicht für den Marktanteil der Investoren-ZMVZ gesamt. Die Einschätzung der KZV Bayern, der Passus sei ein „wichtiger Beitrag für den Erhalt der wohnortnahen Versorgung“, ist vermutlich eine Fehleinschätzung.
Ein weiterer Schwachpunkt des erdachten Steuerungselements ist, dass sie nur eine einzige Gruppe von ZMVZ-Gründungsberechtigten reguliert. Dazu eine Gruppe, die erst mit maximal 1 Prozent aller Zahnarztpraxen in der Dentallandschaft vertreten ist. Eine drohendende Monopolstellung wird da schwer zu argumentieren sein. Die Juristen stehen mutmaßlich schon in den Startlöchern, um den Investoren wieder freien Zugang zu verschaffen.
Einen Effekt wird die ZMVZ-Neuregelung allerdings haben. Die Praxiswerte sinken wegen schwindender Nachfrage. Keine gute Botschaft für die gut 20.000 Praxen, die in den kommenden zehn bis 15 Jahren einen Nachfolger suchen. Aber hey, die Standespolitik hat einen Punkt gemacht.
Eine ordnungspolitische Strategie ist in Teilen der Standespolitik kaum zu erkennen. Viele Maßnahmen erscheinen reaktiv und kommen erst mit langer Verzögerung. Anstatt sich auf die Zulassungsbeschränkung von Investoren-ZMVZ zu fokussieren, wäre es im Sinne von Patienten, Zahnärzten und Krankenkassen sinnvoller gewesen, schärfere Kontrollmechanismen einzuführen: verbindliche Aufsicht durch die Zahnärztekammern, auch für ZMVZs, die in der IHK sind. Konsequentes Vorgehen der KZVen, wenn bei Investoren-ZMVZs der Verdacht begründet ist, sie rechneten vermehrt teurere Leistungen ab. So wie es die KZBV mit der ersten Analyse von Abrechnungsdaten nahelegt. Einige Instrumente sind vorhanden, andere gilt es noch zu schaffen. Aber dieser ZMVZ-Passus im TSVG ist ein Scheinriese, je näher man ihn sich anschaut, desto kleiner wird er. Mitten in die Freudenfeier einiger Standespolitiker platzt zudem die Meldung, dass der Münchener Private-Equity-Investor Castik die Zahnarztgruppe Alldent übernehmen möchte – Standorte: München, Frankfurt (Main), Stuttgart.