Der Kommentar von Chefredakteur Marc Oliver Pick
Es gibt sie doch, die guten Nachrichten (oder zumindest die Aussicht darauf): Noch sieht der bisherige Gesetzentwurf zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz zwar drastische Sparmaßnahmen vor, aber es formiert sich deutlicher Wiederstand gegen das geplante Gesetz. So zuletzt bei einem Spitzentreffen des bayerischen Gesundheitsministers Klaus Holetschek mit hochrangigen Vertretern des deutschen Gesundheitswesens in München. So fordert er im Sinne der Zahnärzteschaft (und der Patienten) sehr klar vom Gesetzgeber, dass die geplanten Regelungen „zur Rationierung der gerade erst aufgenommenen Parodontitis-Therapie gestrichen werden“. Es sei eine „Verschlechterung der zahnärztlichen Versorgung“ zu befürchten.
Fällt die geplante Budgetierung der Parodontitis-Therapie?
Ähnlich hatte sich auch der Freie Verband Deutscher Zahnärzte (FVDZ) positioniert. „Mit dem Gesetz wird die Versorgung gerade mit innovativen Leistungen, wie der erst im vergangenen Jahr in den gesetzlichen Katalog aufgenommenen Parodontitisbehandlung, aufs Spiel gesetzt“, äußerte sich der FVDZ-Bundesvorsitzende Harald Schrader in einer Pressemitteilung zur ersten Lesung des Gesetzes im Bundestag.
Gegenwind gibt es also genug aus den zahnärztlichen Körperschaften und politischen wie Fachverbänden. Auch der Bundesrat hatte zuletzt Kritik an verschiedenen Einzelmaßnahmen des Gesetzesentwurfs geäußert. Nun aber zeichnet sich ein zarter Hoffnungsschimmer ab, der vielleicht doch noch auf eine Ausnahmeregelung für die PAR-Richtlinie als Teil des gesetzlichen Leistungskatalogs hinauslaufen könnte.
So hat die Bundesregierung in der vergangenen Woche Stellung zu den Äußerungen des Bundesrats bezogen und geht in der „Drucksache 20/3448 – Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates“ auch auf das Thema Parodontitis-Therapie ein. Auch wenn in der länglichen Replik fast alle Vorschläge des Bundesrats abgelehnt werden – nach einer langen Reihe von Ablehnungen einzelner Bundesratsvorschläge findet sich auf Seite 2 „Zu Nummer 5“ immerhin doch das Zugeständnis einer „Prüfung“. Dort heißt es: „Die Bundesregierung prüft den Vorschlag, die Leistungen zur Parodontitis-Therapie bei den vorgesehenen Budgetierungsregelungen zu berücksichtigen. Vor dem Hintergrund des dargestellten medizinischen Mehrwerts dieser Behandlungen und ihrer Entwicklung in den kommenden Jahren sollen im Rahmen von bereits avisierten Gesprächen zwischen den Beteiligten Möglichkeiten und Vorschläge für eine angepasste Regelung erörtert werden.“
So weit, so gut. Das Problem scheint als solches erkannt worden zu sein. Im Oktober bietet sich die Chance, den umstrittenen Punkt noch einmal auf den Tisch zu bringen. Sachverständiger bei dieser Expertenanhörung wird auch der Vorstand der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) sein.
Der Vorsitzende des Vorstands der KZBV, Dr. Wolfgang Eßer, hatte Änderungen am Regierungsentwurf eingefordert, um die Umsetzung der noch jungen präventionsorientierten Parodontitis-Behandlung weiterhin zu sichern. Im Oktober wird er die Bedeutung der neuen Parodontitis-Richtlinie für die Versorgung begründen und deren Fortbestand verteidigen können.
So erfreulich diese Chance ist, es verwundert doch, dass der von der Regierung vermutete „medizinische Mehrwert“ erst nach beharrlichem Insistieren – vor allem der KZBV – wahrgenommen und möglicherweise berücksichtigt wird. Man muss kein medizinischer Experte oder eine Expertin sein, um zu begreifen, dass sich erfolgreiche Prävention mit milliardenschweren Einsparungen an anderer Stelle auszahlt. Sparen an der falschen Stelle kann und wird für das Gesundheitssystem am Ende sehr, sehr teuer werden.