Alle Jahre wieder bringt WISO im ZDF den mehr oder weniger gleichen Enthüllungsbeitrag „Teure Tricks der Zahnärzte“.
Da heißt es in der Anmoderation: „Korrupte Zahnärzte. Ohne jegliches Schuldbewusstsein. Die Tag für Tag ihre Patienten abzocken.“ Und im Nachsatz: „Sind natürlich die Ausnahme, klar, aber ...“ Dann die Inszenierung: Ein Metallkoffer wird durchs Bild getragen. Im Koffer mutmaßlich Schwarzgeld. Die nachgesprochenen Interviews sind verpixelt, an geheimen Orten und aus Überwachungskameraperspektive gefilmt. Das soll den investigativen Charakter des Beitrags belegen.
Dann wird einem Patienten Raum gegeben, seine Geschichte zu erzählen. Die hört sich nicht gut an. Der Mann ist über den Tisch gezogen worden. Juristisch wäre das mutmaßlich ein Betrugsfall. Die Hintergrundmusik wird dramatisch.
Worum geht es in diesem WISO-Feature eigentlich? Das erfahren die Zuschauer nun auch endlich. Ein Zahnarzt hat ein Eigenlabor und eine offenbar überteuerte Rechnung über die Praxislaborkosten geschrieben. Der von WISO befragte Abrechnungsexperte spricht von einem „eklatanten Fall“. Ein hessischer Oberstaatsanwalt erläutert die Situation als „klassische Betrugssituation“. Geschickt zusammengeschnitten entsteht der Eindruck, als gäbe es bei der „Hessischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Vermögensstraftaten und Korruption im Gesundheitswesen“ zumindest eine Task Force für Zahnersatz. Eine nachgesprochene Zahntechnikmeisterin benennt die rechtlich problematische Situation. Zahnärzte mit eigenem Praxislabor können sich für die hier erbrachten Leistungen Eigenbelege ausstellen. Für Laien sind diese natürlich schwer nachvollziehbar. Da ist einiges möglich und denkbar.
Und fast am Beitragsende steht da ein einziger Satz aus einer umfassenden Stellungnahme der BZÄK: „Die Bundeszahnärztekammer kennt keine der behaupteten Machenschaften.“ Hmh?
Das ruft natürlich die verschiedenen Interessensvertreter auf den Plan. Der VDZI betont, dass der WISO-Beitrag eine „schon lange bekannte rechtliche und faktische Schwachstellen in der Zahnersatzversorgung aufgegriffen hat, die immer wieder zu eklatanten Negativ-Beispielen bei der Zahnersatzabrechnung per Eigenbeleg führe.“ Vor allem bei ZMVZ könne das Praxislabor „entscheidend für das renditeorientierte Geschäftsmodell“ sein. Hier fordert der VDZI gar ein Verbot der Praxislabore – ansonsten sieht der Verband berufs- und gebührenrechtlichen Nachholbedarf. Der Arbeitgeberverband Zahntechnik spricht in einer Stellungnahme von einer „großen Anzahl an Belegen“ für diese illegale Praxis. Soweit, so vorhersehbar. „Empörungsroutine“ nennt es VDZI-Präsident Dominik Kruchen.
Alte Gräben geöffnet, Patienten verunsichert.
Sorry, investigativer Journalismus ist etwas Anderes. Beispielsweise irgendwas mit Fakten. Ist der geschilderte Fall ein Einzelfall? (Wohl kaum.) Gibt es dazu Abrechnungszahlen der KZVen? Was sagen die Zahntechnikerinnungen? Kein Wort dazu. Und von der Standespolitik wird allein die BZÄK befragt. Die ist aber gar keine zuständige Prüfinstitution. Das sind die Landeszahnärztekammern. Nicht befragt.
Liebes WISO-Team – Hausaufgaben nicht gemacht. Setzen sechs.
Wieso WISO geht das nicht besser?