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Zahnmedizin gibt es in der Praxis, nicht in der Apotheke

Der Kommentar von Chefredakteur Marc Oliver Pick

So so, jetzt geht es also ganz schnell los mit dem E-Rezept. Zumindest dann, wenn man den jüngsten Verlautbarungen aus dem Bundesgesundheitsministerium Glauben schenken will. Schon am 1. Juli soll es soweit sein, obwohl es bislang hieß, der 1. Januar 2024 sei das magische Datum, an dem es endlich, nach akribischer, jahrelanger Vorarbeit, losgeht.

Also ein Frühstart für das E-Rezept? Wohl kaum, denn angesichts der über viele Jahre verschlafenen Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens hat Deutschland im internationalen, ja selbst im europäischen Vergleich wohl bestenfalls Nachzügler-Status. Und das ist vielleicht auch besser so, denn Frühstarts werden – zumindest im Sport – allzu schnell mit Disqualifizierung geahndet. Dann ist man als Athlet aus der Wertung raus. Dann doch lieber Nachzügler sein und wenigstens die Chance erhalten, noch zum Feld aufzuschließen. Hat es alles schon gegeben, nur ist das „Feld“ im Falle Digitalisierung des Gesundheitswesens schon ziemlich weit entfernt, eigentlich schon außer Sicht.

Glücklicherweise geht es hier aber, anders als beispielsweise im Sprint, nicht um den ersten Platz. Überhaupt ist das Thema Digitalisierung bei uns in Deutschland ja eher eine Langstreckenangelegenheit, weit jenseits der Marathon-Disziplin – und auch mit deutlich mehr Herausforderungen. Die Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens ähnelt vielleicht noch am ehesten einem Triathlon mit seinen drei Disziplinen Schwimmen, Radfahren und Laufen. Übertragen sind das hier dann Hardware/Software, Datenschutz und Finanzierung. Als erschwerende Einzelfaktoren kommen widrige Strömungsverhältnisse (Opt-out-Verfahren), Gegenwind (fehlende Berücksichtigung und Einbeziehung der „Leistungserbringer“) und gerissene Schnürsenkel (insuffiziente Netzabdeckung, Hacker-Angriffe …) noch obendrauf.

Was den Wettkampf in Deutschland aber vollends zu einem ganz besonderen Ereignis macht: Es ist nie ganz klar, ob der Trainingsstand ausreicht, um zuversichtlich die Bahn zu betreten und sich im Startblock zu positionieren, und es ist nie ganz klar, wann es denn nun wirklich losgeht, wann der Kampfrichter beziehungsweise Starter den Arm hebt und den Startschuss gibt …

Jetzt sieht es gerade so aus, als wenn sich der Starter zum Startschuss bereit macht, die Athleten sich aber noch gar nicht oder noch unvollständig auf der Bahn eingefunden haben. Kann man machen … Aber man darf sich dann nicht wundern, wenn es Ärger mit den Wettkämpfern gibt, wenn das Ergebnis nicht den selbst gesteckten Zielen entspricht.

Nun geht es beim E-Rezept und dem Frühstart nicht um einen sportlichen Wettkampf, sondern um einen – wenn auch zentralen – Teil unseres Gesundheitswesens. Die Zahnärzteschaft dürfte vom Erfolg oder Misserfolg dieses Digitalisierungselements eher weniger betroffen sein. Denn eine Prophylaxesitzung, einen Füllungstermin, eine Endo- oder PAR-Behandlung und schließlich Zahnersatz gibt es hierzulande ja nicht auf Rezept in der Apotheke, sondern Zahnmedizin findet immer noch in der Zahnarztpraxis statt.

Bei Ärzten und Apothekern sieht das schon anders aus. Hier sind Verordnungen und Rezepte sowie deren Einlösung regelmäßiges Tagesgeschäft. Und dort braucht es noch nicht einmal ein nicht funktionierendes E-Rezept, um Probleme zu erzeugen, da reichen schon Medikamentenengpässe, wie sie die UPD in ihrem Jahresbericht 2022 beklagt.

So ganz ohne ist aber auch dieses Durcheinander mit Blick auf das Gesamtgeschehen nicht, lässt sie doch wenig Gutes für die weiteren Digitalisierungsschritte ahnen, die noch kommen müssen und kommen werden.