Die Bewältigung der Corona-Pandemie dominiert weiter die politische Arbeit der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV). Vor dem Hintergrund der aktuellen Dynamik des Infektionsgeschehens berät die Vertreterversammlung der KZBV aktuell Lehren und Handlungsbedarfe aus der Pandemie und weitere wichtige Themen der Sicherstellung und Ausgestaltung der vertragszahnärztlichen Versorgung.
Insbesondere Nachwuchsförderung, die Regulierung von Investoren-MVZ, Digitalisierung sowie der Kampf gegen die Volkskrankheit Parodontitis stehen neben weiteren versorgungspolitischen Themen auf der Tagesordnung des wichtigsten Beschlussgremiums der Vertragszahnärzteschaft auf Bundesebene. Aus Gründen des Gesundheitsschutzes findet die Sitzung als Videokonferenz statt, der Gäste und Medien auf Anfrage per Livestream folgen können.
Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstands der KZBV betonte in seiner Rede, die er unter das Motto „Strukturen erhalten und Zukunft gestalten“ gesetzt hatte, dass die Vertragszahnärzteschaft weiterhin alle Kräfte mobilisiere, um Patienten, Praxen und Berufsstand gut durch die Pandemie zu bringen. „Auf das zahnärztliche Versorgungssystem ist immer und besonders in Krisenzeiten Verlass. Als wichtiger Bestandteil der Daseinsvorsorge gehen wir Herausforderungen für die Sicherstellung der Versorgung zielgerichtet an und leisten damit unseren Beitrag zur erfolgreichen Krisenbewältigung.“
Hochqualifizierte Hygienemaßnahmen
Primäres Ziel bleibe es, weiterhin die Versorgung aller Patienten bei maximalem Infektionsschutz aufrechtzuerhalten. „Patienten sind bei ihren Zahnärztinnen und Zahnärzten sicher und brauchen aufgrund hochqualifizierter Hygienemaßnahmen keine Angst vor Infektionen im Rahmen von Behandlungen zu haben. Mit dem von uns errichteten bundesweiten Netz von Behandlungszentren und Schwerpunktpraxen für die Akut- und Notfallbehandlung von Infizierten und Verdachtsfällen sind wir gut aufgestellt.“ Wer infiziert sei, unter Quarantäne stehe, Kontakt zu Infizierten gehabt habe oder Infektionssymptome zeige, solle sich wie bisher vor einer Behandlung telefonisch mit der Zahnarztpraxis oder der jeweiligen Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) in Verbindung setzen, um zu erfahren, wo und wann eine Behandlung erfolgen kann. Von der Politik forderte Eßer einmal mehr Rahmenbedingungen ein, um der Zahnärzteschaft die Bewältigung der Krise zu erleichtern. „Wir haben den bisherigen Verlauf der Pandemie umfassend analysiert und daraus Lehren gezogen. Zur Stärkung und Weiterentwicklung der Krisenreaktionsfähigkeit des Versorgungssystems hat die Zahnärzteschaft ein Lessons-Learned-Papier vorgelegt, welches Schwerpunkt politischer Gespräche auf allen Ebenen ist.“
Liquiditätssicherung in Pandemie-Zeiten
Während des Lockdowns seien extreme und abrupte Einbrüche im Leistungsgeschehen aufgetreten, die die Praxen zum Teil vor große wirtschaftliche Probleme gestellt haben. Aufgrund des Wiedererstarkens der Pandemie müsse in Hotspots mit ähnlichen, möglicherweise länger anhaltenden Einbrüchen gerechnet werden, die zum Verlust von dringend erforderlichen Versorgungsstrukturen führen könnten. „Der mit der COVID-19-Versorgungsstrukturen-Schutzverordnung eingeführte Pauschalansatz eines Liquiditätskredits in 2020 reicht zur Sicherung dieser Strukturen nicht aus. Diese Regelung muss zeitnah durch einen echten Schutzschirm abgelöst werden, der es den KZVen ermöglicht, auf regional unterschiedliches Infektionsgeschehen in Hotspots angemessen zu reagieren und in Not geratene Praxen zielgerichtet zu unterstützen. Wir schlagen vor – in Anlehnung an den bestehenden Schutzschirm für Ärzte – einen dauerhaften Rechtsmechanismus zu schaffen, der Liquidität sichert und unter angemessener Mitwirkung der Kostenträger Ausgleichszahlungen an Praxen ermöglicht, die durch Pandemiefolgen existenziell bedroht sind“, sagte Eßer.
Zwei Gutachten zu Investoren-ZMVZ
„Wenn die Politik auch nach der Krise auf eine funktionierende flächendeckende und wohnortnahe Versorgung bauen will, dann darf sie diese jetzt nicht aufs Spiel setzen!“ Dass Deutschland bislang vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen sei, liege nicht zuletzt an der Stärke des freiberuflichen und selbstverwalteten Gesundheitssystems. „Vergewerblichung und Kommerzialisierung, wie sie von Investoren-MVZ forciert wird, sind nachweislich der falsche Weg. Dieser fatalen Entwicklung müssen wir entschieden entgegentreten!“, mahnte Eßer. Die Einschränkung der Gründungsbefugnis für zahnärztliche MVZ sei ein richtiger Schritt gewesen, dem jedoch weitere folgen müssten.
„Die Ausbreitung von Investoren-betriebenen zahnmedizinischen Versorgungszentren und damit verbundene, negative Auswirkungen auf die Versorgung sind nicht gestoppt. Wir sehen dringenden Handlungsbedarf für eine gezielte Fortentwicklung der Regelung im Terminservice- und Versorgungsgesetz. Konkret muss die Gründung von IZMVZ in gut und überversorgten Regionen begrenzt werden, also vor allem in Großstädten und Ballungsräumen. Zudem sollte mehr Transparenz über die Besitzstrukturen im Sinne eines verpflichtenden MVZ-Registers in Anlehnung an das bestehende Zahnarztregister geschaffen werden. Patienten haben ein Recht darauf, schon auf dem Praxisschild zu erfahren, in wessen Behandlung sie sich begeben.“ Zwei von der KZBV beauftragte Gutachten, die die „Gefahren“ laut KZBV von IMVZ für die Versorgung belegen sollen, werden in Kürze veröffentlicht.
Überarbeitung der Parodontitis-Behandlung bis Jahresende
Für die Behandlung der Volkskrankheit Parodontitis kündigte Eßer an, dass der Gemeinsame Bundesausschuss voraussichtlich zum Jahresende über eine praxistaugliche, an den aktuellen Stand zahnmedizinischer Erkenntnisse angepasste Versorgungsstrecke entscheiden werde. “Diese Volkskrankheit lässt sich mit den Mitteln der existierenden Behandlungsrichtlinie nicht erfolgreich bekämpfen. Sie ist veraltet und berücksichtigt nicht den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand. Patientinnen und Patienten haben jedoch Anspruch auf eine zeitgemäße Parodontitis-Behandlung. Bei dem Thema sind wir inzwischen auf der Zielgeraden.“