Die Corona-Pandemie ist eine große Herausforderung für alle Praxen. Sechs von sieben Corona-Patienten wurden hierzulande durch Niedergelassene behandelt.
BÄK, BZÄK und VmF fordern staatliche Anerkennung für Fachangestellten in den Praxen
Zum täglichen großen Engagement der Praxisteams kommen seit gut zwei Jahren viele außerplanmäßige Aufgaben und zusätzliche Patientenfragen hinzu: Quarantäneverhalten, Testwünsche, Fragen zur Impfung, Termine verschieben, aufwändigere Dokumentationen und Bestellungen, zeitintensive Hygienemaßnahmen und Arbeit im infektionsgefährdeten Bereich – der Mehraufwand in Arzt- und Zahnarztpraxen ist immens. Unmut der Patientinnen und Patienten über nicht realisierbare Terminwünsche, Impfstoffmangel, Maskenpflicht, Änderungen in der Impf- und Teststrategie oder die Pandemie im Allgemeinen landen zudem oft am Empfangstresen.
Trotz dieser kaum noch zu bewältigenden Herausforderungen soll das medizinische Fachpersonal in den Praxen den staatlichen Corona-Bonus nicht erhalten, der von der Politik für die anderen Fachberufe im Gesundheitswesen angekündigt wurde.
Bundesärztekammer (BÄK), Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und der Verband medizinischer Fachberufe fordern, die Praxisangestellten selbstverständlich ebenfalls mit einem staatlichen Bonus zu unterstützen.
BÄK-Präsident Dr. Klaus Reinhardt: „Alle Beschäftigten im Gesundheitswesen arbeiten mit großem Engagement daran, die Herausforderungen der Corona-Pandemie zu bewältigen. In der aktuellen Phase müssen die Kliniken weiter entlastet und möglichst viele Patienten im ambulanten Bereich versorgt werden. Dafür setzen sich neben den Ärztinnen und Ärzten auch die Medizinischen Fachangestellten (MFA) im besonderen Maße ein. Es ist deshalb richtig und angemessen, MFA den Beschäftigten in Krankenhäusern gleichzustellen und ihnen für ihr Engagement in der Coronakrise eine steuerfinanzierte Corona-Prämie in vergleichbarer Höhe zu zahlen.“
BZÄK-Präsident Prof. Dr. Christoph Benz: „Der Druck in den Praxen hat sich seit Beginn der Pandemie drastisch erhöht. Unsere Zahnmedizinischen Fachangestellten sind zur Zeit Telefonhotline, Hygieneprofis, Seelsorgerinnen, Corona-Erklärerinnen – manchmal leider sogar Opfer von verbalen oder gar körperlichen Übergriffen. Sie leisten unfassbar viel – und das gehört natürlich auch staatlich anerkannt.“
Hannelore König vom Verband medizinischer Fachberufe e.V. „Die MFA und ZFA in den niedergelassenen Praxen sind seit Beginn der Pandemie besonders belastet. Neben der ambulanten (zahn)ärztlichen Versorgung kümmern sie sich auch um die Versorgung von mehr als 90 Prozent der Covid-Patientinnen und Patienten. Sie fangen die Überlastungen des öffentlichen Gesundheitswesens auf, sichern den Schutzwall vor den Kliniken, setzen die ständigen Änderungen in der Impf- und Teststrategie um, baden zudem die Kommunikationsfehler zwischen Wissenschaft und Politik aus. Denn die Anfragen ebenso wie Beschwerden und Drohungen dazu, landen als erste als Kontaktpersonen bei ihnen. 2020, 2021 wurden Boni an Kliniken und Pflegeeinrichtungen ausgeschüttet, 2022 sind weitere geplant. Nur das große Engagement der Beschäftigten in den Arzt- und Zahnarztpraxen in der Pandemie und ihre wertvollen Leistungen werden dauerhaft nicht anerkannt.“
Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) unterstützt die Aktionen „MFA am Limit“ und „ZFA im Nebel“. Damit bekundet die KZBV ausdrücklich ihre uneingeschränkte Solidarität mit Medizinischen und Zahnmedizinischen Fachangestellten. Die Protestkampagne des Verbandes medizinischer Fachberufe hat das erklärte Ziel, sich für die öffentliche und finanzielle Wertschätzung des Engagements von ZFA und MFA während der andauernden Pandemie einzusetzen.
„MFA am Limit“und „ZFA im Nebel“
Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstandes der KZBV: „Nicht erst seit Beginn von Corona stehen mehr als 200.000 ZFA und mehr als 400.000 MFA gemeinsam mit Zahnärzten und Ärzten in der ersten Reihe der ambulanten Versorgung. Dabei zählen ZFA zu den Berufsgruppen mit dem höchsten Expositionsrisiko im Zusammenhang mit Covid-19. Sie arbeiten in der Behandlungsassistenz, in der Parodontitis-Therapie, bei chirurgischen Eingriffen und in der Prophylaxe direkt am Patienten. Die Arbeitsbelastung ist durch verstärkte Hygiene- und Arbeitsschutzmaßnahmen deutlich gestiegen, der Stressfaktor durch die Pandemie, viele Terminverschiebungen und das veränderte Patientenverhalten sehr hoch. ZFA sind an der Seite der Zahnärzteschaft der Garant für die ambulante zahnärztliche Versorgung und wie die MFA unverzichtbar, werden von der Öffentlichkeit und der Politik aber ganz offensichtlich nicht gesehen.“
Gleichwohl hätten sich die Praxisteams den enormen Herausforderungen jederzeit hochprofessionell, verantwortungsbewusst und aufopferungsvoll gestellt, betonte Eßer. „Ohne die ZFA hätten Zahnärztinnen und Zahnärzte Millionen von Patienten in diesen schwierigen Zeiten bei weitem nicht so gut betreuen können.“ Nur mit dem vorbildlichen Engagement der Teams sei es möglich gewesen, die vertragszahnärztliche Versorgung in Deutschland Tag für Tag aufrechtzuerhalten.
Enttäuscht zeigte sich Eßer daher über die Ablehnung eines Corona-Sonderbonus für ZFA und MFA durch das Bundesministerium für Gesundheit Anfang Januar: „Es ist unverständlich, dass dieser unermüdliche Einsatz seitens der Politik nicht seine verdiente Wertschätzung erfährt. ZFA und MFA arbeiten pandemiebedingt häufig an, mitunter jenseits der Belastungsgrenze. Es ist höchste Zeit, dass das nicht nur als Lippenbekenntnis, sondern auch finanziell anerkannt wird. Wir fordern einmal mehr, dass dieses besondere Engagement mit einem angemessenen Sonderbonus gewürdigt wird.“ Andere Gesundheitsberufe – etwa in der Pflege, in Krankenhäusern oder Heimen – hätten bereits mehrfach zu Recht eine solche Anerkennung erhalten. „Warum unser Praxispersonal nicht genauso gewürdigt wird, ist nicht nachvollziehbar. Das ist auch eine Frage des Respekts, den sich die neue Bundesregierung besonders auf die Fahne geschrieben hat“, sagte Eßer.
Bereits im August 2020 hatte sich die Zahnärzteschaft gemeinsam mit den Ärzten und dem Verband medizinischer Fachberufe e.V. in einem offenen Brief an den damaligen Gesundheitsminister Jens Spahn für einen Sonderbonus für ZFA und MFA eingesetzt.
FVDZ solidarisch mit demonstrierenden ZFA
Unverzichtbar – aber unsichtbar? Unter dem bezeichnenden Motto „ZFA im Nebel“ machen Zahnmedizinische Fachangestellte (ZFA) am Mittwoch, 26. Januar 2022, in Berlin gegen ihre politische „Unsichtbarkeit“ mobil. „Absolut zu Recht“, betonte der Bundesvorsitzende des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte (FVDZ), Harald Schrader, im Vorfeld der Protestaktion am Brandenburger Tor und sagte seine „uneingeschränkte Unterstützung“ für die Forderung nach einem Corona-Bonus für ZFA zu. Schraders Vize, Dr. Christian Öttl, der von München nach Berlin reisen wird, um an der Demonstration teilzunehmen, ergänzte: „Auch in der Pandemie standen und stehen unsere Praxismitarbeiterinnen Tag für Tag mit uns im Aerosolnebel und leisten – Delta hin oder Omikron her – ihren unverzichtbaren und wertvollen Beitrag zur Gesundheitsversorgung aller.“
Ausdrücklich begrüße der FVDZ die versprochenen Boni für die in der Pandemie zweifelsfrei hochgeforderten Mitarbeitenden im Krankenhaus- und Pflegebereich. Gleichwohl ist es für Schrader, Öttl und den Freien Verband nicht nachvollziehbar, dass die Politik die freien Praxen als zweite, nicht minder belastete Säule der öffentlichen Gesundheitsversorgung immer wieder außen vorlasse. Einmal mehr appelliert der FVDZ daher an Gesundheitsminister Lauterbach und alle Verantwortlichen: „Sehen Sie hin. Lassen Sie die freien Praxen und das hart arbeitende Praxispersonal nicht schon wieder im Regen stehen!“