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Alles Paro?

Das Instrumentarium für eine wissenschaftlich angemessene Versorgung parodontaler Erkrankungen ist für die KZBV jetzt vorhanden.

Das Instrumentarium für eine wissenschaftlich angemessene Versorgung parodontaler Erkrankungen ist für die KZBV jetzt vorhanden.

Am Ende ist es jetzt wirklich schnell gegangen. Nach jahrzehntelangen Verhandlungen ist die neue PAR-Richtlinie bereits im Dezember 2020 im Konsens mit den Fachgesellschaften im G-BA beschlossen werden. Trotz unterschiedlicher Interessen der Beteiligten – der Kostenträger, die naturgemäß sparen wollen, der Wissenschaft, die möglichst den Stand der Forschung umgesetzt sehen will, und der KZBV, die sowohl das Recht der Patienten auf optimale Versorgung als auch das berechtigte Interesse der Praxen auf Umsetzbarkeit und adäquate Honorierung berücksichtigen muss – ist es bereits Anfang Mai zu einem einvernehmlichen Beschluss des Bewertungsausschusses zur neuen PAR-Richtlinie inklusive Bema-Bewertung gekommen. Respekt.

PAR-Richtlinie: Noch nicht in Kraft und schon in der Kritik. Zu Recht?

Zum einen sind die Leistungen der GKV der wissenschaftlich basierten State-of-the-art-Versorgung angepasst und werden vulnerable Gruppen unbürokratisch gesondert berücksichtigt. Zum anderen sind die im Bewertungsausschuss vereinbarten Punktwerte an der Betriebswirtschaftlichkeit der Praxen orientiert.

Wo Fakten geschaffen werden, gibt es Zustimmung – und Kritik. In einem Pressegespräch wies Dr. Wolfgang Eßer, Vorstandsvorsitzender der KZBV, die Vorwürfe zurück, „die KZBV hätte die PZR beschädigt“ und „dadurch, dass die Leistungen nicht im privaten Bereich, sondern im vertragszahnärztlichen Bereich angesiedelt wären, würden im Ergebnis die Zahnärzte diese Innovationen selbst bezahlen.“ Schließlich sei die PZR eine präventive Leistung und die unterstützende Parodontitistherapie (UPT) eine therapeutische, so Eßer, auf diese hätten die Patienten ein Anrecht. Und die gesetzlich im GPVG verankerte Budgetfreiheit für die Jahre 2021 und 2022 erlaube die Abrechnung aller erbrachten Leistungen. Die Morbidität des Jahres 2022 definiere dann die Gesamtvergütung für 2023. Je intensiver die Parodontitis-Therapie also bis Ende 2022 in den Praxen Eingang findet, desto höher ist das Mengengerüst für die Folgejahre.

Und die Aufgabe ist gewaltig. Laut der Fünften Deutschen Mundgesundheitsstudie gilt jeder zweite Erwachsene als behandlungsbedürftig. Zwölf Millionen leiden an einer schweren parodontalen Erkrankung. Zu Recht wird also von einer Volkskrankheit gesprochen. Die KZBV zeigt sich überzeugt, dass die neue PAR-Richtlinie das geeignete Instrument sei, um die Prävalenz der Parodontitis nachhaltig zu senken. Perspektivisch bedeutet die neue PAR-Richtlinie ein gigantisches Betätigungsfeld für die Zahnarztpraxen. Bislang gibt es lediglich eine Million Parodontitisbehandlungen pro Jahr bei 65 Millionen Erwachsenen in Deutschland – davon sind gut 18 Millionen über 65 Jahre alt und somit am meisten betroffen. Die Begriffe „Durchbruch“ und „Meilenstein“ sind hier also durchaus angebracht. Die neue PAR-Richtlinie ermöglicht jetzt eine angemessene Versorgung der Patienten. Und die Praxen können dieser Versorgung nun auf wirtschaftlich angemessener Weise nachkommen.

Das ist positiv und in die Zukunft gewandt. Ein weiteres Signal ist die Aufwertung der „sprechenden Zahnmedizin“ als Leistung und nicht mehr als Gratis-Add-on. Auch das ist in Zukunft ausbaufähig.

Sicher wird anfangs nicht alles rund laufen. Das fängt schon bei den Praxisverwaltungssystemen an. Sie können bis zum Starttermin der neuen PAR-Richtlinie am 1. Juli 2021 noch nicht auf dem Stand der Dinge sein. Vielleicht ist erst nur die Antragstellung möglich und die Abrechnung dann in einem zweiten Schritt.

Ungewiss bleibt auch, mit welcher Geschwindigkeit sich die Inanspruchnahme parodontaler Behandlungen entwickeln wird. Eßer ist optimistisch: „Man will die Zahnärzteschaft ausdrücklich motivieren, diese Behandlungslücke mit der Zeit zu schließen.